Ein vertrauliches Abendessen von Außenministerin Annalena Baerbock sorgt aktuell für heftige Debatten. Bekannt wurde die Zusammenkunft durch Instagram-Posts der teilnehmenden Aktivisten und Journalistinnen, darunter Alena Jabarine und Emilia Roig. Beide Frauen sind dafür bekannt, öffentlich eine antiisraelische Haltung zu vertreten. Das Event wurde von Moderatorin Andrea Kiewel scharf kritisiert. Kiewel verurteilt das Treffen in einem offenen Brief als unangemessen und wirft Baerbock vor, sich mit Persönlichkeiten an einen Tisch gesetzt zu haben, die Israel wiederholt als Aggressor dargestellt haben.
Abendessen mit Jabarine und Roig
Jabarine teilte auf ihrem Instagram-Profil ein Foto eines gedeckten Tisches und äußerte sich zu den Inhalten des Treffens, ohne dabei ins Detail zu gehen. Allgemein kritisierte sie in der Vergangenheit Deutschland für seine Rolle im Nahost-Konflikt und warf Israel unter anderem ethnische Säuberungen und Kriegsverbrechen vor. Ihre Aussagen führten zu Empörung, da sie im Zusammenhang mit der aktuellen politischen Lage in Israel stehen, insbesondere seit dem Massaker der Hamas am 7. Oktober 2023.
Vertrauliche, inoffizielle Hinterzimmertreffen deutscher Spitzenpolitiker mit hardcore Antisemiten und Judenhassern. Was kann dabei schon schief gehen?
— Marie von den Benken (@Regendelfin) September 21, 2024
Ich habe sie jahrelang verteidigt. Mittlerweile schäme ich mich für die Geschichtsvergessenheit unserer Außenministerin. pic.twitter.com/FQsFxJBO2L
Auch die Aktivistin Emilia Roig nahm an dem Abendessen teil und veröffentlichte nach der Veranstaltung einen Post, in dem sie betonte, dass man „weiterhin gegen das Unrecht und die Tötungen der Menschen in Gaza und im Westjordanland“ protestieren werde.
Sowohl Alena Jabarine als auch Emilia Roig sind umstritten und äußern sich öffentlich kritisch gegenüber Israel. Alena Jabarine, ist eine freie Journalistin und arbeitete für verschiedene Projekte des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, unter anderem für das NDR Funk-Formats »STRG_F«, sie teilte auf Instagram eine Karikatur, in der Juden mit dicken Nasen dargestellt waren. 1 Mirna Funk kritisierte 2023 in der Welt Emilia Roigs Buch Why We Matter scharf und warf der Autorin vor, Geschichtsrevisionismus und Antisemitismus zu betreiben. Besonders beanstandete sie Roigs These, dass Juden immer als weiß galten und erst von den Nationalsozialisten als nicht weiße Rasse konstruiert worden seien. 2
Kritik aus der Öffentlichkeit
Die Reaktionen auf das Treffen ließen nicht lange auf sich warten. Vor allem Andrea Kiewel meldete sich zu Wort. In einem offenen Brief an Baerbock in der »Jüdischen Allgemeinen« schrieb die Moderatorin: „Finden Sie wirklich, dass Ihr Abendessen mit der Journalistin Alena Jabarine, die öffentlich und unmissverständlich sowohl anti-israelische als auch antisemitische Positionen bezieht, etwas mit einem Austausch mit ‘in Teilen oder fundamental andersdenkenden’ zu tun hat?“
Kiewel kritisierte besonders die Tatsache, dass die Aktivisten kein Wort über die Hamas-Geiseln oder die zahlreichen Opfer der Terrororganisation verloren haben. Sie wirft diesen Gästen des Abendessens vor, die Perspektive der israelischen Opfer komplett zu ignorieren, während sie ihre Vorwürfe gegen den israelischen Staat wiederholen. Neben der Kritik der Moderatorin beteiligten sich auch weitere Personen mit Kritik, wie die Autorin und Influencerin Marie von den Benken.
Reaktion des Auswärtigen Amtes
Das Auswärtige Amt reagierte auf die wachsende Kritik und betonte in einer Stellungnahme gegenüber obiaushv.de die Notwendigkeit, auch mit Personen im Dialog zu bleiben, die eine fundamental andere Meinung vertreten. „Es gehört zu unserem Demokratieverständnis, auch das Gespräch zu denen zu suchen, die in Teilen oder auch fundamental anderer Meinung sind“, hieß es aus dem Ministerium. Man müsse den Blick auf das Leid aller Beteiligten richten, um zu einer langfristigen Lösung im Nahost-Konflikt zu gelangen.
Das Außenministerium hob außerdem hervor, dass der Dialog auch im Rahmen der Nahostpendeldiplomatie von zentraler Bedeutung sei. „Zu unserem Einsatz im Auswärtigen Amt gegen Antisemitismus, Hass und Hetze hierzulande, für Frieden und eine Perspektive in Nahost gehört es, mit allen im Gespräch zu bleiben“, hieß es weiter.
Dieser Ansatz betone die Notwendigkeit, gerade in Zeiten wachsender Polarisierung in den sozialen Medien, miteinander zu reden und Perspektiven auszutauschen, um langfristige Lösungen zu finden. Ziel sei es, sowohl ein sicheres Israel als auch einen eigenständigen Staat Palästina zu ermöglichen.
Ein diplomatischer Spagat?
Annalena Baerbock selbst hat sich bislang nicht öffentlich zu dem Abendessen und den Vorwürfen geäußert. Die Außenministerin steht nun vor der Herausforderung, ihren Ansatz der offenen Kommunikation zu verteidigen, während gleichzeitig die Kritik an ihrer Entscheidung, mit kontroversen Persönlichkeiten wie Jabarine und Roig zu sprechen, wächst. Ein weiterer Teilnehmer des Treffens war der Musiker Michael Barenboim, der ebenfalls als scharfer Kritiker Israels auftritt.
Nach weiteren Informationen, die Obiaushv.de vorliegen, waren bei dem Treffen auch Gäste mit anderen politischen Hintergründen anwesend. Deren genaue Identität bleibt jedoch unklar. Es bleibt offen, ob Baerbock tatsächlich bemüht war, ein breites Spektrum an Meinungen in das Treffen einzubeziehen. Sollte dies der Fall gewesen sein, wäre es ratsam, dass das Ministerium diese Informationen transparent kommuniziert. Im Idealfall hatte Baerbock das Ziel, einen offenen Dialog zu ermöglichen. In einem solchen Rahmen hätte sie auch eine neutralere Vermittlerrolle einnehmen können. Obwohl die deutsche Außenministerin nicht als bedingungslose Unterstützerin Israels gilt, hat sie sich in der Vergangenheit klar gegen Antisemitismus positioniert.
In jüngster Zeit hat Baerbock zunehmend Israel kritisiert und ihre Ablehnung gegenüber dem aktuellen Vorgehen der israelischen Regierung im Libanon zum Ausdruck gebracht. In diesem Zusammenhang forderte sie zur Deeskalation auf. Seit dem 8. Oktober 2023, nur einen Tag nach dem Massaker der Hamas, begann die Hisbollah, Ziele im Norden Israels zu beschießen. Seitdem werden sowohl zivile als auch militärische Einrichtungen in Israel von dieser Terrororganisation angegriffen, was eine großangelegte Evakuierung der betroffenen Gebiete zur Folge hatte. Noch immer sind Tausende Israelis aus ihren Heimatorten vertrieben.
„Schlag & Gegenschlag bringen die Region keinen Millimeter zum Frieden“, schrieb die Ministerin auf X. Doch wie könnte eine Lösung aussehen? Sollen die Israelis die Angriffe hinnehmen und dem Terror nachgeben? Frieden erfordert immer die Bereitschaft beider Seiten. Doch in der jüngsten Vergangenheit haben die Terrororganisationen wenig Bereitschaft zu Kompromissen gezeigt. Ihr erklärtes Ziel bleibt weiterhin die Vernichtung Israels und der jüdischen Bevölkerung – eine Bedrohung, die das Leben aller Menschen in Israel betrifft, unabhängig davon, ob sie Juden, Christen oder Araber sind.
Kurz & Bündig
Welche Kritik gab es an Annalena Baerbocks Treffen mit israelkritischen Aktivisten?
Baerbock wurde dafür kritisiert, sich mit Persönlichkeiten wie Alena Jabarine und Emilia Roig zu treffen, die für ihre antiisraelischen Ansichten bekannt sind. Kritiker, darunter Andrea Kiewel, verurteilten das Treffen als unangemessen und warfen Baerbock vor, sich mit Personen zu umgeben, die Israel als Aggressor darstellen.
Warum wurde das Abendessen von Annalena Baerbock so kontrovers diskutiert?
Das Treffen sorgte für Diskussionen, weil die anwesenden Aktivisten und Journalistinnen für ihre öffentlichen, teils radikalen Aussagen gegen Israel bekannt sind. Besonders die Frage, ob es richtig war, solche Stimmen in den Dialog einzubinden, führte zu heftiger Kritik.
Wie hat das Auswärtige Amt auf die Kritik reagiert?
Das Auswärtige Amt verteidigte das Treffen und betonte die Wichtigkeit des Dialogs, auch mit Personen, die fundamental anderer Meinung sind.
Was war Andrea Kiewels Hauptkritikpunkt an dem Treffen?
Andrea Kiewel kritisierte, dass die Perspektive der israelischen Opfer nicht berücksichtigt wurde und die Gäste des Abendessens vorwiegend ihre Vorwürfe gegen Israel wiederholten, ohne auf die Gewalt der Hamas einzugehen.
Hat sich Annalena Baerbock zu der Kritik geäußert?
Bislang hat sich Annalena Baerbock nicht öffentlich zu der Kritik an ihrem Treffen mit den israelkritischen Aktivisten geäußert.
Quellen:
Eigene Recherche
Antwort aus der Anfrage an das Auswärtige Amt
Offener Brief von Andrea Kiewel an Annalena Baerbock: Speisen Sie nur mit den Feinden Israels? | Jüdische Allgemeine
Antwort des Auswärtigen Amtes:
„Zu unserem Einsatz im Auswärtigen Amt gegen Antisemitismus, Hass und Hetze hierzulande, für Frieden und eine Perspektive in Nahost gehört es, mit allen im Gespräch zu bleiben. Es gehört zu unserem Demokratieverständnis, auch das Gespräch zu denen zu suchen, die in Teilen oder auch fundamental anderer Meinung sind. Gerade in Zeiten, in denen alle Seiten sich in den sozialen Medien nur noch unversöhnlich gegenüberstehen. Bei unserer Nahostpendeldiplomatie geht es genau darum: Mit allen Seiten zu sprechen, das Leid des jeweils anderen zu sehen, um ein Morgen – ein sicheres Israel und einen eigenen Staat Palästina – möglich zu machen.“
Hinweis: Bei Antworten werden stets die Anrede und Informationen über Mitarbeiter:innen entfernt. Auch Hintergrundinformationen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind, müssen aus den Antworten gestrichen werden.