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Abschiebung nach Kabul: 28 Straftäter aus Deutschland trotz Taliban-Regierung zurückgeführt

Das Bild zeigt ein Flugzeug von Qatar Airways im Flug vor einem bewölkten Himmel. Am unteren Rand des Bildes steht das Wort “SYMBOLBILD”. Abschiebung Symbolbild

Das Bild zeigt ein Flugzeug von Qatar Airways im Flug vor einem bewölkten Himmel. Symbolbild

Am frühen Morgen startete vom Flughafen Leipzig/Halle ein Flugzeug mit 28 afghanischen Straftätern an Bord in Richtung Kabul. Dieser Flug markiert die erste Abschiebung nach Afghanistan seit der Machtübernahme der Taliban im August 2021. Laut Angaben des sächsischen Innenministeriums war der Abflug das Ergebnis monatelanger Vorbereitungen.

Die Bundesregierung organisierte die Abschiebung, wobei auf direkte Verhandlungen mit den Taliban verzichtet wurde. Stattdessen bat man das Emirat Katar um diskrete Unterstützung, da Katar über enge Kontakte zu den neuen Machthabern in Kabul verfügt. Deutschland hatte kurz vor der Machtübernahme der Taliban alle Abschiebungen nach Afghanistan ausgesetzt, was dieser Rückführung besondere Brisanz verleiht.

Die 28 abgeschobenen Straftäter erhielten laut dem Nachrichtenmagazin »Spiegel« jeweils 1000 Euro für ihre Rückkehr nach Afghanistan. Der Flug, der von der Fluggesellschaft Qatar Airways durchgeführt wurde, fand unter medizinischer Begleitung, jedoch ohne deutsche Polizeibeamte an Bord, statt. In der Nacht wurden die Betroffenen teils direkt aus der Strafhaft nach Leipzig gebracht.

An der Abschiebung beteiligten sich mehrere Bundesländer, darunter Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Kontroverser Zeitpunkt und politische Implikationen

Der Zeitpunkt der Abschiebung wird von vielen als problematisch angesehen. Nur wenige Tage nach dem Anschlag in Solingen und kurz nach den Maximalforderungen der Union wirkt es, als habe die Ampelkoalition dem Druck von AfD und Union nachgegeben. Trotz der angeblich monatelangen Vorbereitungen könnte die Entscheidung überstürzt getroffen worden sein. Zudem gibt es Zweifel an der Rechtsmäßigkeit der Abschiebung, was für die Bundesrepublik noch rechtliche Folgen haben könnte. Letztlich werden deutsche Gerichte darüber entscheiden müssen.

In einem früheren Artikel thematisierte die Redaktion bereits die Frage, ob die Forderungen von CDU-Chef Friedrich Merz umsetzbar sind. Dabei wurde betont, dass die Bundesregierung sicherstellen muss, dass den Abgeschobenen im Heimatland weder Tod noch Folter drohen. Die Taliban haben in der Vergangenheit jedoch genau dies mit Straftätern gemacht. Es scheint, als setze man darauf, dass die Taliban, die internationale Beziehungen wiederherstellen wollen, von solchen Maßnahmen absehen.

Die aktuelle Abschiebung wirft jedoch ebenso die Frage auf, wie künftige Rückführungen in größerem Umfang durchgeführt werden können. Sicherheitskreisen zufolge könnte es notwendig sein, andere Wege zu finden, um die Sicherheit und Effizienz solcher Maßnahmen zu gewährleisten. Die Bundesregierung verhandelt daher derzeit diskret mit Usbekistan und anderen Nachbarländern Afghanistans, um alternative Möglichkeiten für zukünftige Abschiebungen zu schaffen.

Ungewisse Zukunft für die Abgeschobenen

Menschenrechtsorganisationen werden genau beobachten, wie in Afghanistan mit den aus Deutschland abgeschobenen Straftätern umgegangen wird. Der gesamte Vorgang hinterlässt einen bitteren Beigeschmack. Die Bundesregierung wollte nicht direkt mit den Taliban verhandeln und hat daher vermutlich auch keine direkten Garantien erhalten. Dennoch dürfte es einen indirekten Deal mit der Terrororganisation geben, wenn auch durch Katar eingefädelt. Moralisch und politisch bleibt diese Entscheidung äußerst umstritten.

Allgemein gab es schon zum dritten Jahrestag der Taliban-Machtübernahme vor 14 Tagen massive Kritik an den Plänen zur Abschiebung nach Afghanistan. „Abschiebungen nach Afghanistan bedeuten zwangsläufig eine Kooperation mit den Taliban, die Menschen-, Frauen- und Kinderrechte mit Füßen treten“, warnte Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL.

Seit der Rückkehr der Taliban an die Macht hat sich die Lage in Afghanistan drastisch verschlechtert. Frauen und Mädchen sind massiven Einschränkungen ihrer Rechte ausgesetzt, während Angehörige der LGTBIQ*-Community öffentlicher Auspeitschung und brutalen Repressionen ausgesetzt sind.

Trotz der bekannten menschenrechtlichen Katastrophe werden in Deutschland immer mehr Asylanträge afghanischer Geflüchteter abgelehnt, so PRO ASYL. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) erkenne die Gefahr, der diese Menschen ausgesetzt sind, oft nicht an – selbst wenn sie für die ehemalige afghanische Regierung gearbeitet haben und deren Kolleg*innen verschleppt oder getötet wurden.

Quellen:
Eigene Recherche
Dritter Jahrestag der Machtübernahme durch die Taliban • Flüchtlingsrat Berlin e.V. (fluechtlingsrat-berlin.de)
Flug nach Kabul gestartet: Deutschland schiebt afghanische Straftäter in ihr Heimatland ab – DER SPIEGEL
Sächsisches Innenministerium

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