Am 27. Januar wird weltweit an die Opfer des Holocaust, auch Shoah genannt, erinnert. Dieser Tag markiert den Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau durch Soldaten der Roten Armee im Jahr 1945. Auschwitz steht symbolhaft für die unvorstellbaren Verbrechen des Nationalsozialismus: etwa 1,1 Millionen Menschen – vor allem Jüdinnen und Juden, aber auch andere Verfolgte – wurden dort ermordet. Insgesamt fielen dem Holocaust rund sechs Millionen europäische Jüdinnen und Juden zum Opfer. Seit 2005 findet der internationale Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust statt. Damals jährte sich die Befreiung des Lagers zum 60. Mal. An dem Tag wird international an den Völkermord gegen das jüdische Volk erinnert.
„Die Erinnerung darf nicht enden“
In Deutschland findet zu diesem Tag eine Gedenkstunde statt, die jedoch auch an andere Opfer der Nationalsozialisten gedenkt. Begründet wurde dies 1996 durch die Proklamation des Bundespräsidenten Roman Herzog. In dieser heißt es: „Die Erinnerung darf nicht enden; sie muss auch künftige Generationen zur Wachsamkeit mahnen. Es ist deshalb wichtig, nun eine Form des Erinnerns zu finden, die in die Zukunft wirkt. Sie soll Trauer über Leid und Verlust ausdrücken, dem Gedenken an die Opfer gewidmet sein und jeder Gefahr der Wiederholung entgegenwirken.“
Neben der Verfolgung von Juden wurden auch andere Gruppen systematisch erfasst und ermordet, etwa 140.000 Polen, Zehntausende Sinti und Roma sowie Tausende politische Häftlinge anderer Nationalität. Die Anzahl der Menschen, die im Konzentrationslager Auschwitz und insbesondere im Vernichtungslager Birkenau ermordet wurden, wird auf etwa 1,1 bis 1,5 Millionen geschätzt.
Die Shoah, ein hebräisches Wort, das »Katastrophe« bedeutet, ist eine Mahnung an die gesamte Menschheit, sich für die universellen Werte von Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde einzusetzen. Bundeskanzler Olaf Scholz hat aus Anlass des 80. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz zu einer verstärkten Erinnerungskultur aufgerufen. Gegenüber der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft sowie der Stuttgarter Zeitung und den Stuttgarter Nachrichten betonte Scholz: „Es muss uns bedrücken, wie viele junge Menschen in Deutschland kaum noch etwas über den Holocaust wissen.“ Dies sei eine Mahnung und zugleich ein Auftrag an alle, diesen Zustand zu ändern.
Söhne und Töchter, Mütter und Väter, beste Freunde, Nachbarn, Großeltern: Mehr als eine Million Menschen mit Träumen und Hoffnungen wurden ermordet in Vernichtungslagern, ermordet von Deutschen.
— Bundeskanzler Olaf Scholz (@Bundeskanzler) January 27, 2025
Wir fühlen mit und erinnern. Wir dulden kein Vergessen, nicht heute und nicht morgen. pic.twitter.com/d18ONKCtVV
Bundesbildungsminister Cem Özdemir äußerte sich besorgt über die Wissenslücken zum Holocaust: „80 Jahre nach diesem Zivilisationsbruch besorgen mich Umfragen zu massiven Wissenslücken, insbesondere bei der jüngeren Generation“ sagte der Politiker dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Er bezog sich auf kürzlich veröffentlichte Umfrageergebnisse der Jewish Claims Conference, die den Wissensstand junger Menschen zur Schoah und zum Holocaust untersuchten.
In einer Zeit, in der die Zahl der Zeitzeugen stetig abnimmt, sei es umso wichtiger, jungen Menschen Gelegenheiten zu geben, mit den noch lebenden Überlebenden zu sprechen. Scholz unterstrich die Verantwortung, die Erinnerung auch für künftige Generationen wachzuhalten, wenn die letzten Zeugen nicht mehr unter uns sind.
Eine der letzten Gedenkfeiern mit Zeitzeugen?
Die diesjährige Gedenkfeier könnte eine der letzten sein, an der Überlebende des Holocaust persönlich teilnehmen. Ihre Stimmen, die von unsäglichem Leid, aber auch von Hoffnung und Widerstand erzählen, sind von unschätzbarem Wert. Ihre Geschichten verdeutlichen die historische Tragweite und die moralische Verpflichtung, die Lehren aus der Vergangenheit zu ziehen. Das Lager Auschwitz-Birkenau, in dem rund 1,1 Millionen Menschen zwischen 1940 und 1945 ihr Leben verloren, bleibt ein Mahnmal gegen das Vergessen.
An der Gedenkfeier in Auschwitz-Birkenau nehmen hochrangige Vertreter Deutschlands teil, darunter Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzler Olaf Scholz, Bundesratspräsidentin Anke Rehlinger und Bundestags-Vizepräsidentin Petra Pau. Ebenso reisen Vizekanzler Robert Habeck und Finanzminister Jörg Kukies zur Veranstaltung.
Verpflichtung für die Zukunft
Der Holocaust-Gedenktag ist nicht nur eine Erinnerung an die Schrecken der Vergangenheit, sondern auch eine Mahnung für die Gegenwart. Angesichts des Wiederauflebens antisemitischer Tendenzen und anderer Formen von Hass und Intoleranz in Europa und der Welt fordert dieser Tag eine klare Haltung: „Nie wieder“ darf nicht nur ein Versprechen bleiben, sondern muss aktiv gestaltet werden – durch Bildung, Dialog und ein entschlossenes Eintreten für die universellen Werte von Freiheit, Gerechtigkeit und Menschenwürde.
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Kurz & Bündig
Warum ist Auschwitz ein Symbol des Holocaust?
Auschwitz war das größte Konzentrationslager der Nationalsozialisten, in dem über eine Million Menschen systematisch ermordet wurden. Es steht symbolisch für die Gräueltaten des Holocaust.
Wie wird in Deutschland an den Holocaust-Gedenktag erinnert?
In Deutschland finden Gedenkveranstaltungen und Gedenkstunden statt, die sich nicht nur auf die jüdischen Opfer beschränken, sondern auch andere verfolgte Gruppen miteinbeziehen.
Welche Rolle spielt Bildung beim Gedenken an den Holocaust?
Bildung ist essenziell, um das Wissen über den Holocaust weiterzugeben, Vorurteile abzubauen und ein Bewusstsein für die Gefahren von Antisemitismus und Rassismus zu schaffen.
Quellen:
Das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz – Das Konzentrationslager Auschwitz in den Beständen des Bundesarchivs
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