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Kiffer-Anbauvereine: Verdächtig trotzt Legalisierung

Anbauvereine Kiffer Symbolbild

Demnächst kann man sein Gras, Bubatz oder Brokkoli selbst anbauen, was einen kaum zur Zielscheibe machen dürfte. Wer jedoch von einem Anbauvereinen seinen Stoff beziehen will, wird mit seinen Daten, insbesondere Namen; Alter und Anschrift in einer größeren Menge von Datenbanken landen. Polizei und andere Behörden können die Daten recht einfach anfordern – Widerspruch gibt es nicht.

Theoretisch sollen im April die ersten legalen Joints konsumiert werden, was jedoch anhand der erst späteren legalen Abgabe von Stoff durch Anbauvereine, sehr widersprüchlich wirkt. Jedenfalls hielt die Ampel bisher Wort und will das Gras zumindest teil-legalisieren. Geschäfte für die Abgabe wird es nicht geben, die EU und einige Mitgliedsländer haben etwas gegen die völlige Legalisierung. Immerhin gibt es die Anbauvereine oder auch Cannabis Social Clubs genannt. Nur müssen diese eine große Menage an Daten sammeln und aufbewahren, so sieht es das Gesetz vor.

Name, Menge, Geburtsjahr

Einmal im Jahr sollen die Anbauvereine durch die Behörden vor Ort geprüft werden. Neben den ohnehin schon strengen bürokratischen Hürden, muss über die Mitglieder penibel Buch geführt werden. Geburtsdatum, Name und Abgabemenge gehören etwa zu den Daten, welche über die Mitglieder erhoben werden müssen. Was zunächst noch logisch klingt, weil man schließlich nicht an Mitgliedern unter 18 Jahren abgeben darf und bis 21 Jahre noch unterschiedliche Grenzen für die Abgabe gelten, wird bei genauerem Blick zu einer Datenquelle für die Strafverfolgung und so ziemlich allen weiteren Behörden.

Wer Gras von einem Anbauverein beziehen möchte, muss zwingend Mitglied werden. Die Datensammelei kann man ohne grünen Daumen nicht entgehen, zumindest nicht über den legalen Weg. So entstandene Datensätze müssen durch die Vereine bzw. Clubs fünf Jahre aufbewahrt werden.

Zusätzlich muss noch der durchschnittliche Gehalt an THC und das Abgabedatum notiert werden. Wenn eine Kontrolle ansteht, dann darf die zuständige Behörde, in der Regel dürften dies die Landesämter sein,  „alle geschäftlichen Schrift- und Datenträger von Anbauvereinigungen“ einsehen. Zusätzlich darf die Behörde die Daten prüfen und sogar kopieren. Von den Mitgliedern und insbesondere also von den Kiffern, darf die Behörde somit Namen, Vornamen, Geburtsdatum, Anschrift und elektronische Kontaktdaten erheben.

Ferner dürfen diese Daten zwei Jahre gespeichert werden. Neben dieser Erfassung und Aufbewahrung, dürfen diese Daten mit anderen Behörden geteilt werden, auch mit der Strafverfolgung. Damit ist das Kiffen und der Anbau zwar legal, aber Konsumenten sind weiterhin verdächtig. In den Bundesländern kann dies zu unterschiedlicher Verfolgung von Konsumenten führen. Übrigens, für Angehörige der Bundeswehr bleibt das Kiffen tabu.1

Anbauvereine / Cannabis Social Clubs – Was ist das?

Anbauvereinigungen bzw. Cannabis Social Clubs soll es Volljährigen ermöglichen, Cannabis anzubauen und untereinander zum Eigenkonsum abzugeben. Jeder Vereinigung können bis zu 500 Mitglieder angehören, wobei die Gesamtmenge auf höchstens 25 Gramm pro Mitglied pro Tag und maximal 50 Gramm pro Mitglied pro Monat begrenzt wäre. Für 18- bis 21-Jährige soll eine monatliche Obergrenze von 30 Gramm mit höchstens zehn Prozent Tetrahydrocannabinol (THC) gelten.

Kommerziell dürfen die Vereine jedoch nicht agieren. Zudem benötigen diese eine Genehmigung und dürfen keine Werbung betreiben, auch auffällige Schilder an Gebäuden der Clubs sind untersagt. Innerhalb der Räumlichkeiten ist der Konsum untersagt. Lager, wie auch Anbauflächen, müssen gesichert sein. Ein Kaufpreis für die Pflanzen ist untersagt, damit wahrscheinlich auch jede Form von Abgabepreisen. Nur per Mitgliedsbeitrag sollen sich die Clubs finanzieren.

Ordnungswidrigkeiten reichen aus

Schon jetzt hat etwa der bayerische Ministerpräsident, Markus Söder (CSU), angekündigt, das Gesetz „extremst restriktiv“ anzuwenden. Cannabis Konsumenten sollten sich lieber von Bayern fernhalten, so Söder. Bei Ordnungswidrigkeiten und Strafverfahren können solche Daten also genutzt werden. Jeder Kiffer und jede Kifferin können somit zur Zielscheibe werden. Der bayerische Verfolgungseifer dürfte damit weiterhin bestehen bleiben. Theoretisch sollen nur Daten von Tatverdächtigen, auch bei Ordnungswidrigkeiten, übermittelt werden. Jedoch ist auch die Weitergabe der Daten von potenziellen Zeugen möglich.

Georg Wurth vom Deutschen Hanfverband, äußerte sich bereits in der Vergangenheit in der Stellungnahme für den Gesundheitsausschuss, negativ über die Datensammlung: 

Die Vereine sollen sehr umfangreiche Aufzeichnungen darüber für die Behörden bereithalten, wer wann was und wie viel erhalten hat. Das ist ein erhebliches Datenschutzproblem und wird die Akzeptanz von Anbauvereinen schwächen.“

DHV-Stellungnahme zum CanG – Kabinettsentwurf – Deutscher Hanfverband (DHV)

Viele Konsumenten haben ohnehin schon schlechte Erfahrungen mit den deutschen Behörden gemacht. Es wäre sogar verständlich, wenn jene Personen ihre Daten nicht an den Staat weitergeleitet haben möchten. Der Schwarzmarkt könnte somit weiterhin attraktiv bleiben. Am Ende schwächt dies den Verbraucherschutz deutlich.

Fragliche rechtliche Voraussetzung

Fraglich ist zudem, ob die Datensammelei der Behörden rechtskonform ist. Das Bundesverfassungsgericht führte in einem Urteil bereits das Doppeltür-Modell an. Gemäß dem Urteil ist es wichtig, zwischen der Datenübermittlung von der auskunftsberechtigten Stelle und dem Datenabruf von der auskunftsuchenden Stelle zu differenzieren. Im Urteil heißt es dazu:

„Der Gesetzgeber muss, bildlich gesprochen, nicht nur die
Tür zur Übermittlung von Daten öffnen, sondern auch die Tür zu deren Abfrage. Erst beide
Rechtsgrundlagen gemeinsam, die wie eine Doppeltür zusammenwirken müssen, berechtigen zu einem Austausch personenbezogener Daten.“

BVerfGE 130, 151 (184), Hervorhebungen des Verfassers. Ausführlich dazu Bäcker, in: Dietrich/Fahrner/Ga
zeas/v. Heintschel-Heinegg, Handbuch des Sicherheits- und Staatsschutzrechts, 2022, § 29 Rn. 6. 2

Daraufhin wird deutlich, dass sowohl eine gesetzliche Grundlage für die Abfrage als auch eine separate für die tatsächliche Übermittlung der Daten notwendig sind.

Quellen:

Eigene Recherche
Bundestag: Drucksache 20/8704 / Drucksache 20/8763
Wissenschaftlicher Dienst Bundestag: WD-3-101-23-pdf.pdf (bundestag.de)
BVerfGE 130, 151 (184)
Deutscher Hanfverband: DHV-Stellungnahme zum CanG – Kabinettsentwurf – Deutscher Hanfverband (DHV)

  1. 2008704.pdf (bundestag.de) []
  2. WD-3-101-23-pdf.pdf (bundestag.de) []
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