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Kliniken in Bayern fordern Millionen vom Gesundheitsministerium

Kliniken Bayern Symbolbild

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Inmitten anhaltender finanzieller Herausforderungen im deutschen Gesundheitswesen spitzen sich die Auseinandersetzungen weiter zu, als der Krankenhaus-Verbund Klinik-Kompetenz-Bayern (KKB) Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe gegen das Bundesgesundheitsministerium erhebt. Die Kliniken sehen sich gezwungen, rechtliche Schritte zu erwägen, um auf ihre prekäre Lage hinzuweisen und eine angemessene Finanzierung sicherzustellen.

Die Kliniken Südostbayern dienen als Beispiel für die Forderungen, da sie laut KKB für das Jahr 2023 einen Schadenersatz in Höhe von 29.408.000 Euro einfordern. Trotz einer gesetzten Frist am 15. Februar blieb eine Zahlung bisher aus, was die Kliniken dazu veranlasst, rechtliche Schritte zu erwägen, einschließlich einer möglichen Klage vor Gericht.

34 Kliniken haben ähnliche Probleme

Benjamin Stollreiter, Geschäftsführer des KKB, berichtet, dass etwa die Hälfte der 34 KKB-Kliniken ähnliche Forderungen an das Gesundheitsministerium gerichtet haben. Sie stützen sich dabei auf das Krankenhausgesetz, das eine angemessene Finanzierung vorsieht, die ihrer Ansicht nach jedoch nicht gewährleistet ist.

Stollreiter betont, dass es nicht nur um symbolische Maßnahmen geht, sondern dass sein Verband ernsthafte rechtliche Schritte erwägt, gestützt durch die Einschätzung von Juristen, die Erfolgsaussichten für eine Klage sehen würden. Dieser Schritt folgt dem Beispiel der Kreis-Kliniken im hessischen Groß-Gerau, die bereits im Januar angekündigt haben, rechtliche Schritte gegen das BMG einzuleiten.

In der Pressemitteilung begründet man den Schritt mit § 1 des Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Stollenreiter betonte darin, dass die Bundesregierung ihr Pflichten zur finanziellen Sicherung der Kliniken nicht nachkommen würde.

350 Mio. Euro Defizit?

Der Verbund rechnet für seine Mitglieder, welche Krankenhäuser an 66 Standorten in Bayern betreiben, mit einem Defizit von 350 Mio. Euro. Für 2024 rechnet man mit einem noch größeren Fehlbetrag, so Manfred Wendel, KKB-Vorstandsmitglied: „Da sich die gesundheitspolitischen Rahmenbedingungen auch mit Blick auf 2024 nicht verbessert haben und somit die Erlös-Kosten-Schere noch weiter auseinander geht, ist die wirtschaftliche Prognose für unsere Mitglieder düster – wir erwarten neuer sogar ein Defizit von etwa 400 Mio. €.“

In dem Schreiben an den Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) haben die Kliniken ihre jeweiligen finanziellen Schäden beziffert, wie der KKB weiter mitteilt. Man fordert das Ministerium zur Zahlung an die jeweiligen Kliniken oder Träger auf.

Update 15:00:

Maßnahmen zur Verbesserung der Krankenhausliquidität

Mittlerweile hat das Bundesgesundheitsministerium (BMG) geantwortet. Das BMG sieht die Verantwortung hier bei den Ländern, diese seien laut Angaben einer Sprecherin zuständig. Zudem führte man aus, dass der Bund die Kliniken bereits in der Vergangenheit umfänglich unterstützt habe.

Aufgeführt wurden durch das Ministerium etwa die Zahlungen im Rahmen der Corona-Pandemie, Energiehilfe, 2 x 120 Mio. Euro für die Geburtshilfe und zudem seien 2023 die GKV-Ausgaben für die Krankenhäuser (1. bis 3. Quartal) um knapp 7 Prozent angestiegen. Die vollständige Antwort des Ministeriums findet sich am Ende des Textes.

Im Rahmen des Transparenzgesetzes will man die Liquidität der Kliniken verbessern. Geplant sei eine frühe Refinanzierung von Tariflohnsteigerungen sowie eine Anhebung des vorläufigen Pflegeentgeltwerts von 230 Euro auf 250 Euro. Krankenhäuser ohne genehmigtes Pflegebudget für 2020 erhalten einen schnelleren Mindererlösausgleich.

Zudem ist eine Erhöhung des Landesbasisfallwerts geplant. Die „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung“ arbeitet an einem Gesetzentwurf für eine Krankenhausreform, die u. a. die Einführung einer Vorhaltevergütung vorsieht. Zur Unterstützung bei Umstrukturierungsprozessen soll ein Transformationsfonds eingerichtet werden.

Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze (Krankenhausfinanzierungsgesetz - KHG)

§ 1 Grundsatz
(1) Zweck dieses Gesetzes ist die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser, um eine qualitativ hochwertige, patienten- und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen digital ausgestatteten, qualitativ hochwertig und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern zu gewährleisten und zu sozial tragbaren Pflegesätzen beizutragen.
(2) Bei der Durchführung des Gesetzes ist die Vielfalt der Krankenhausträger zu beachten. Dabei ist nach Maßgabe des Landesrechts insbesondere die wirtschaftliche Sicherung freigemeinnütziger und privater Krankenhäuser zu gewährleisten. Die Gewährung von Fördermitteln nach diesem Gesetz darf nicht mit Auflagen verbunden werden, durch die die Selbständigkeit und Unabhängigkeit von Krankenhäusern über die Erfordernisse der Krankenhausplanung und der wirtschaftlichen Betriebsführung hinaus beeinträchtigt werden.

Quellen:
Eigene Recherche
Pressemitteilung KKB – KKB-Pressemitteilung “KKB-Kliniken fordern Schadensersatz von Bundesgesundheitsminister Lauterbach” – KKB (klinik-kompetenz-bayern.de)
Antwort des BMG:

„im Gegensatz zu den Ländern – die eigentlich zuständig sind – hat der Bund die Krankenhäuser aktuell und in jüngster Vergangenheit massiv unterstützt:
o 21,5 Mrd in der Pandemie
o 6 Mrd für Energiehilfe
o 2 x 300 Mio zusätzlich für Pädiatrie
o 2 x 120 Mio für Geburtshilfe.
o Außerdem werden Inflation und Tarifsteigerungen durch den Landesbasisfallwert regelmäßig ausgeglichen. Deshalb steigt dieser in den vergangenen Jahren auch steil an.
o Auch 2023 stiegen übrigens die GKV-Ausgaben für die Krankenhäuser (1. bis 3. Quartal) um knapp 7%.

Zur Verbesserung der Liquidität der Krankenhäuser sieht das Tranzparenzgesetz folgende Regelungen vor:

Einführung einer frühzeitigen Refinanzierung von Tariflohnsteigerungen

  • Erhöhung des vorläufigen Pflegeentgeltwertes: Ab dem Inkrafttreten des Krankenhaustransparenzgesetzes wird der vorläufige Pflegeentgeltwert von 230 Euro auf 250 Euro erhöht.
  • Vorläufiger Mindererlösausgleich auch für Folgejahre: Für viele Krankenhäuser liegt für das Jahr 2020 noch keine genehmigte Vereinbarung zum Pflegebudget vor. Diese Krankenhäuser erhalten einen schnelleren Ausgleich der noch nicht finanzierten Pflegekosten, wenn sich herausstellt, dass die krankenhausindividuellen Pflegekosten mit dem abgerechneten Pflegeentgeltwert in den vorangegangenen Jahren unterfinanziert werden.

Darüber hinaus ist zudem geplant, den Landesbasisfallwert zu erhöhen. Das wird mit dem Transparenzgesetz zugesagt.

Im Zusammenhang mit den im Koalitionsvertrag vorgesehenen Reformen der Krankenhausversorgung und -finanzierung wurde im Mai 2022 die „Regierungskommission für eine moderne und bedarfsgerechte Krankenhausversorgung” (Regierungskommission) eingerichtet. Auf der Grundlage der Eckpunkte für eine Krankenhausreform vom 10. Juli 2023 wird derzeit ein Gesetzentwurf erarbeitet. Neben der Steigerung der Behandlungsqualität ist zentraler Bestandteil der Reform die geplante Einführung einer Vorhaltevergütung – damit soll die Vorhaltung von bedarfsnotwendigen Krankenhäusern künftig weitgehend unabhängig von der Leistungserbringung zu einem relevanten Anteil gesichert werden. Im Zusammenhang mit den daraus folgenden notwendigen Umstrukturierungsprozessen sollen die Länder bzw. Krankenhäuser durch einen Transformationsfonds, der sich aus Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung und der Länder speisen soll, zielgerichtet unterstützt werden.“

Symbolbild: Piron Guillaume

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