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KSC Fanprojekt: Wegen Sozialarbeit droht Knast?

Symbolbild brennende Pyro-Fackel

Symbolbild brennende Pyro-Fackel

Sozialarbeitende können wegen ihrer Arbeit im Knast landen, dies klingt zunächst verrückt, aber es entspricht dem rechtlichen Rahmen. Sie sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, aber verfügen über kein Zeugnisverweigerungsrecht. Mitarbeitende des KSC Fanprojekts könnte im schlimmsten Fall Beugehaft drohen.

Vorladung, Ordnungsgeld und Beugehaft

Nach dem deutschen Recht sind Sozialarbeitende, wie sie etwa in Jugendfreizeiteinrichtungen oder Fanprojekten anzutreffen sind, zur Verschwiegenheit verpflichtet. Nur haben diese Menschen kein Zeugnisverweigerungsrecht, anders als bei mir. Ich bin Journalist und darf, die Aussage vor Gericht verweigern, um unter anderem meine Quellen zu schützen. Sozialarbeitende sind hier in einem Dilemma gefangen. Zum einen könnte die Aussage vor Gericht das Vertrauen zu den Nutzenden der Sozialarbeit verloren gehen lassen und zum anderen können es viele mit dem Ethos des Berufes nicht im Einklang bringen. Die Folgen der Verweigerung einer Aussage kann etwa mit Ordnungsgeld oder einer Beugehaft bestraft werden.

Pyro-Show von KSC-Ultras führt zu Ermittlungen

In Karlsruhe geht es in dieser Woche um drei Sozialarbeitende des dortigen Fanprojekts, welche in einem laufenden Verfahren die Aussage verweigern. Die Nichtweitergabe der Informationen könnten zu Konsequenzen führen. Die drei Mitarbeitenden beabsichtigen weiter an der Schweigepflicht festzuhalten.
Hintergrund des Verfahrens ist eine Pyro-Show, welche bei einem Heimspiel gegen St.Pauli durch einige Akteure der KSC-Ultras durchgeführt wurde. Eine Karlsruher Ultragruppierung hatte damit ihr 20-jähriges Bestehen gefeiert. Das Abbrennen von Pyrotechnik ist jedoch in Stadien verboten. Ungünstig waren an jenem Novembertag 2022 zusätzlich die Windbedingungen und so war das Stadion schnell eingenebelt. Bei der Aktion wurden durch den Rauch mehrere Personen verletzt.

Von elf verletzten Fußballfans musste eine Person sogar ins Krankenhaus. Laut Staatsanwaltschaft Karlsruhe führte der Rauch bei einer Person „mutmaßlich zum Verlust von sieben Prozent der Lungenkapazität“. Allgemein wurden Atemprobleme, Augenbrennen, starke Hustenanfälle, Halskratzen, Kopfschmerzen oder Übelkeit beklagt. Die Ultras entschuldigten sich nach dem Vorfall selbst in einem „Wiedergutmachungsgespräch“, welches durch Verein und Fanprojekt vermittelt wurde, nachdem die Ultras erklärten hatten sich persönlich entschuldigen zu wollen. Genau dieses Gespräch soll aber zur Vorladung geführt haben.

Die Mitarbeitenden des Fanprojekts sollten der Staatsanwaltschaft Auskunft über die vertraulichen Gespräche geben, welche im Nachgang des Vorfalls und zur Aufarbeitung mit verschiedenen Fangruppen stattfanden.

Fragen unabhängig vom Kontext Fußball

Diese Angelegenheit wirft natürlich Fragen auch außerhalb des Kontextes Fußball auf, wie der Verein Gangway und andere Organisationen im »Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit« zu bedenken geben. Gangway fragt sich, wie ein Vertrauen zum Adressatenkreis aufgebaut werden soll, wenn die Sozialarbeitenden im Zweifel vor Gericht gegen diese aussagen müssen? Und weiter geben sie zu bedenken, ob es überhaupt Vertrauen geben kann, „wenn es ‚blinde Flecken‘ in der Kommunikation gibt?“

Laut Gangway könnte dies auch dazuführen, dass die Mitarbeitenden nur noch einen Teil der Wahrheit kennen und so nicht mehr in der Lage wären, die Nutzenden der Sozialen Arbeit uneingeschränkt zu unterstützen. Der Paragraf 203 des StGB sieht für Sozialarbeitende eine Schweigepflicht vor. Eine Verletzung dieser kann mit bis zu einem Jahr Haft bestraft werden. Laut dem »Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit« würde man in Karlsruhe versuchen, „den Kernbereich der Sozialen Arbeit zu nutzen, um strafprozessuale Erkenntnisse zu gewinnen“. Wie auch die Bundesarbeitsgemeinschaft Fanprojekte fordert man ein Zeugnisverweigerungsrecht für Sozialarbeitende.

Stadtjugendausschuss sieht Vorgehen kritisch

In einer Stellungnahme sieht Marco Dawid, der Vorsitzende des Stadtjugendausschusses Karlsruhe, das Vorgehen der Staatsanwaltschaft kritisch. Laut Dawid leisten Fanprojekte einen öffentlichen Auftrag, weil diese für den Staat Aufgaben übernehmen. Zudem hätten die Mitarbeitende des Projektes mit der Aufarbeitung des Vorfalls, mithilfe von Gesprächen und Dialogformaten, klassische Soziale-Arbeit geleistet. Er betont zudem das Vertrauensverhältnis zwischen Fand und Sozialarbeitenden. Er sieht durch das Vorgehen der Karlsruher Staatsanwaltschaft eine Gefahr für diese Beziehungsarbeit. “Werden Angebote, Räume und vertrauliche Gespräche zwischen Sozialarbeiter*innen und ihrer Zielgruppe für Ermittlungsverfahren verwendet, kann diese Arbeit nicht mehr gemacht werden.”

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