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Schwangerschaft und Impfung: Zeigt eine neue Rattenstudie mögliche Auswirkung des BioNTech-Impfstoffs?

Schwangerschaft BionTech Impfstoff Symbolbild

Ein neues Paper sorgt für Aufsehen, da es behauptet, dass die Gabe des BioNTech-Covid-Impfstoffs während der Schwangerschaft neurologische Fehlbildungen hervorrufen kann. Das Paper von M. Erdoğan wirft Fragen auf, doch bei genauer Betrachtung ergeben sich wichtige Einschränkungen und Kontexte, die eine leichtfertige Übertragung der Ergebnisse auf den Menschen infrage stellen. Wir werfen einen Blick auf die Studie und analysieren die Dosierung, den Zeitpunkt der Verabreichung und die potenziellen Risiken, um eine differenzierte Betrachtung dieser Forschungsergebnisse zu ermöglichen.

Es gibt ein neues Paper, das nachweisen soll, dass der BioNTech-Covid-Impfstoff in Ratten bei Gabe während der Trächtigkeit neurologische Fehlbildungen bei den Jungen hervorrufen kann. Das Paper von M. Erdoğan et al.  „Prenatal Exposure to COVID-19 mRNA Vaccine BNT162b2 Induces Autism-Like Behaviors in Male Neonatal Rats: Insights into WNT and BDNF Signaling Perturbations“ ist im Journal Neurological Research erschienen 1. Aber wie so oft, ist es ist wichtig, hier in die Details zu schauen und die Aussagen nicht leichtfertig auf eine mögliche Gefahr durch die Impfung beim Menschen zu übertragen!

Zuerst wurden den Ratten eine volle Dosis (30µg) des Impfstoffs verabreicht. Die Ratten wogen jeweils etwa 220 Gramm und damit wäre das im Vergleich zu einer 70 kg schweren menschlichen Frau mehr als die 300-fache vorgesehene Dosis! Natürlich kann die Empfindlichkeit zwischen Arten variieren, aber jedes mehrhundertfach überdosierte Medikament birgt fraglos andere Risiken als die Normaldosis. Auch zum Beispiel statt einer Prise Salz über 30 Gramm ins Essen zu kippen, dürfte ziemlich ungesund werden. Dass die Ratten das nicht nur überstanden haben, sondern auch die Wurfgrößen vergleichbar waren (im Schnitt 8,2 Junge pro Wurf in der behandelten Gruppe und 8,5 in der Kontrolle) spricht also schon für ein recht sicheres Produkt!

Wann erhielten die Ratten den Impfstoff? An Tag 13 der Trächtigkeit. Das entspricht einem relativ frühen Zeitpunkt in der Entwicklung des Nervensystems, in dem grundlegende Strukturen festgelegt werden 2. Beim Menschen entspräche das etwa Tag 33 der Schwangerschaft 2, wir wären also mitten im ersten Trimesters, das bis Woche 11 (Tag 77) geht. Und innerhalb des ersten Trimesters wird generell empfohlen, NICHT zu impfen 3, da man in dieser kritischen Phase der Embryonalentwicklung äußere Einflüsse soweit irgend möglich vermeidet, auch wenn kein konkretes Schadpotential bekannt ist. Der Versuch ist also anscheinend darauf angelegt, mögliche Schäden auf die Entwicklung des Nervensystems zu maximieren. Das mag für eine grundsätzliche Risikoeinschätzung sinnvoll sein, entspricht aber nicht annähernd dem, was man bei einer Impfung einer menschlichen Schwangeren vertretbar fände.

Was wurde nun bei den Nachkommen der extrem früh massiv überimpften Ratten gefunden? Nun, die männlichen Nachkommen – und nur diese – zeigten eine Reihe von Auffälligkeiten bei standardisierten Verhaltenstests, die ähnlich auch im Rahmen von Autismus vorkommen können. Daneben zeigen sie reduzierte Mengen bestimmter Neuronen, leicht veränderte Biochemie und Expression zweier wichtiger entwicklungssteuernder Gene – wobei mich die Daten zu letzteren aufgrund der relativ niedrigen Größe der Unterschiede nicht wirklich überzeugen. Ein weiteres Problem ist, dass die Daten wenig aufgeschlüsselt präsentiert werden, nämlich generell nur als Mittelwerte mit Standardfehler (SEM) und ganz ehrlich, ich würde hier eher die Standardabweichung (SD) sehen wollen, da diese als Maß der Varianz interessanter wäre und eher Aufschluss darüber geben könnte, ob alle Tiere ähnlich betroffen waren oder die Werte aufgrund einzelner besonders betroffener Tiere zustande kommen. Noch besser wäre natürlich eine vollständige Darstellung der Verteilung.

Die Autoren folgern nun „The COVID-19 mRNA vaccine seems to induce autism-like behaviors in male rats, impacting the WNT and BDNF pathways in both genders.“ – das finde ich gewagt. Zum einen zeigen sie eben nicht, dass das eine spezifische Folge des Impfstoffs ist, sondern nur, dass es bei einer massiven Überdosierung passiert. Die Kontrolle war physiologische Kochsalzlösung, die Effekte könnten also – sofern sie echt sind – auf die freie RNA, ihre Modifikationen, die Lipide und/oder das Spike-Protein zurückgehen. Bei der hohen Dosierung ist eine generelle Überreaktion des Immunsystems eine absolut plausible Hypothese für die Ursache! Hier bräuchte man mehr Kontrollgruppen, die gegen andere mRNA, nur Lipide etc. vergleichen. Dass diese fehlen, kann man den Autoren nicht wirklich vorwerfen, denn eine größere Versuchsserie mit mehr Tieren müsste erst durch einen entsprechenden Verdacht rechtfertigen, der hier erst erhoben wird.

Die Autoren geben auch selbst an, dass eine überschießende Entzündungsreaktion in einer kritischen Phase der Trächtigkeit eine plausible Erklärung wäre – ohne allerdings zu erwähnen, dass ihr Versuchsansatz das Risiko genau hierführ maximiert! Der Rest der Diskussion ist dann – in meinen Augen – ziemlich spekulativ, bringt Apoptose der Neuronen ins Spiel und schreibt einiges über mögliche Autismusursachen und dass das geschlechtsspezifisch unterschiedliche Risiko der Grund dafür sein könnte, dass hier nur männliche Ratten betroffen waren.

Fehlende transparente Daten

Was mir wie bereits erwähnt in dem Paper fehlt, sind allerdings vor allem wirklich transparente Daten! Wir haben es hier insgesamt mit 21 Ratten geimpfter Mütter und 20 Kontrollratten, aufgeteilt nach Geschlechtern – zu tun. Da wäre wichtig, nicht nur Mittelwerte und Fehler dieser zu sehen, sondern auch die tatsächliche Verteilung, denn hier würden z. B. die Männchen aus einem Wurf eventuell schon reichen, das Bild zu verzerren. Die Angabe:

„The datasets supporting the conclusions of this article are included within the article and its additional files.“, erscheint etwas zynisch, wenn die gesamte „Additional information“ aus einer Publishers Note besteht … 

Oh, ein Punkt noch, die Ratten wurden nach der Entwöhnung nach Geschlechtern getrennt gehalten – auch hier läge also ein möglicher Grund für einen später beobachteten Geschlechtsunterschied – wobei ich das für mäßig wahrscheinlich halte, da die neuronale Entwicklung zu dem Zeitpunkt schon weit fortgeschritten sein sollte. Hier müsste also wenn, dann ein massives Problem aufgetreten sein (z. B. Alkoholvergiftung oder Ähnliches), was ich nicht unterstellen will!

Insgesamt kann ich aus dem Paper also Folgendes schließen:

* Der BioNTech-Covid-Impfstoff bringt trotz massiver Überdosierung in einer kritischen Phase der Trächtigkeit weder Rattenmütter noch ihre Jungen um

* Setzt man den Impfstoff grob falsch ein, könnte es bei männlichen Ratten neurologische Folgen geben, wobei hier viele Fragen offen bleiben – insbesondere die nach den konkreten Ursachen und der tatsächlichen Häufigkeit

Seriöse Paper?

Das Paper erscheint mir nicht völlig unseriös, zeigt eventuell eher das Risiko starker Immunantworten während der Schwangerschaft auf, aber sicher nichts, was für die Impfung von Menschen nach den aktuellen Empfehlungen relevant wäre. Schuldig macht es sich suboptimaler Transparenz, Overselling und eines etwas forciert wirkenden Autismusbezug. Ein wenig offen bleibt auch die Frage, welche Fragestellung ursprünglich wirklich verfolgt und wieso dieser Versuchsansatz von der Ethikkommission gestattet wurde. Sollten hier von vornherein möglichst große Risiken forciert werden, um auch sehr unwahrscheinliche Nebenwirkungen maximal möglich aufzuzeigen, müsste das transparent dargestellt werden. Wäre hier hingegen am Anfang ein möglichst auf die am Menschen angewandte Impfung übertragbarer Tierversuch das Ziel gewesen, hätte die Versuchsreihe in meinen Augen so nicht genehmigt werden dürfen. 

Und damit Mäuschen Out 🐭

  1. Prenatal Exposure to COVID-19 mRNA Vaccine BNT162b2 Induces Autism-Like Behaviors in Male Neonatal Rats: Insights into WNT and BDNF Signaling Perturbations[]
  2. Rat Development Stages – Embryology (unsw.edu.au) [][]
  3. RKI – Empfehlungen der STIKO – Stellungnahme der STIKO zur COVID-19-Impfung in der Schwangerschaft[]
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