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Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Friede Springer: Ein Vorbild für Berlin?

Das Bild zeigt eine Panoramaansicht von Berlin. Die Skyline der Stadt ist zu sehen, mit markanten Gebäuden. Der Fernsehturm ist deutlich sichtbar und ragt im Hintergrund empor. Die Spree fließt durch die Stadt, mit Brücken, die darüber führen, die sich auf der Wasseroberfläche spiegeln. Entlang der Ufer stehen Gebäude verschiedener architektonischer Stile. SYMBOLBILD Berlin Springer

Das Bild zeigt eine Panoramaansicht von Berlin. Die Skyline der Stadt ist zu sehen, mit markanten Gebäuden. Der Fernsehturm ist deutlich sichtbar und ragt im Hintergrund empor. Die Spree fließt durch die Stadt, mit Brücken, die darüber führen, die sich auf der Wasseroberfläche spiegeln. Entlang der Ufer stehen Gebäude verschiedener architektonischer Stile. SYMBOLBILD

Die Entscheidung des Berliner Senats, Friede Springer die Ehrenbürgerwürde zu verleihen, stößt auf berechtigte Kritik. Während Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner die Unternehmerin als „Vorbild für uns alle“ bezeichnet, werfen die eng mit dem Springer-Verlag verknüpften Kontroversen erhebliche Zweifel an dieser Einschätzung auf. Die Frage, ob eine solche Ehrung wirklich angemessen ist, sollte dringend gestellt werden.

Ein Vorbild für Berlin? – Ein Kommentar

Die problematische Rolle des Springer-Verlags

Friede Springer steht als langjährige Führungspersönlichkeit des Springer-Verlags im Mittelpunkt eines Medienimperiums, das viele Jahrzehnte die öffentliche Meinung in Deutschland prägt – oft mit fragwürdigen Methoden. Besonders die „Bild“-Zeitung ist bekannt für ihre reißerische und oft manipulative Berichterstattung, die nicht nur skandalträchtige Sensationen hervorbringt, sondern auch eine spaltende Wirkung auf die Gesellschaft hat. Die Boulevardzeitung hat in vielen Fällen zur Verrohung des politischen und gesellschaftlichen Diskurses beigetragen, indem sie gezielt polarisiert und Themen zugespitzt darstellt. Zahlreiche Journalisten, Politiker und Medienkritiker haben immer wieder betont, dass die „Bild“-Zeitung durch ihre einseitige und oft unsachliche Berichterstattung einen erheblichen Schaden am Vertrauen in die Medienlandschaft verursacht hat.

Es ist daher schwer nachvollziehbar, wie jemand, der maßgeblich mit diesem Verlag verbunden ist, als Vorbild für gesellschaftliche Verantwortung gelten kann. Die Auszeichnung einer Gestalt wie Friede Springer ist zumindest zu hinterfragen. Was für ein Signal sendet eine solche Verleihung? Die problematischen Praktiken des Springer-Verlags scheinen komplett ignoriert oder sogar stillschweigend akzeptiert zu werden. Oder will man sich seitens der CDU für die Berichterstattung bedanken? Nicht zuletzt ist es der „Bild“-Zeitung zu verdanken, dass die Leute gegen Wärmepumpen aufgebracht wurden.

Friede Springer hat die Axel Springer SE nach dem Tod ihres Mannes Axel Springer zu einem der mächtigsten Medienunternehmen Europas weiterentwickelt. Sie nahm entscheidende strategische Entscheidungen vor, wie die Rückkaufaktionen der Anteile von Erben und den Einstieg von Mathias Döpfner als CEO. Unter ihrer Leitung hat das Unternehmen den Übergang ins digitale Zeitalter vollzogen und international expandiert, was auch die Akquisition von Politico und Business Insider umfasst.

Friede Springer pflegt enge Beziehungen zur deutschen Politik, insbesondere zur CDU. Ihr Einfluss reicht weit über das Mediengeschäft hinaus und beeinflusst nach Meinung vieler Beobachter die politische Landschaft Deutschlands. Ihre Medienhäuser haben maßgeblich zur Meinungsbildung beigetragen, was zu Bedenken hinsichtlich der Pressefreiheit und einer möglichen einseitigen Berichterstattung führt​. Für die CDU nahm sie auch schon bei der Bundesversammlung teil, um Horst Köhler als Bundespräsidenten zu wählen.

Die Rolle von Friede Springer in der deutschen Medienlandschaft wird wahrscheinlich noch lange nach ihrem Rückzug spürbar sein. Ihre Entscheidungen haben das Unternehmen stark geprägt und beeinflussen weiterhin die Medienstruktur in Deutschland. Der geplante Unternehmenssplit, der derzeit diskutiert wird, könnte die Machtstrukturen innerhalb der Axel Springer SE neu ordnen, wobei Friede Springer weiterhin eine bedeutende Rolle spielen würde​

Philanthropie als Feigenblatt?

Natürlich hat Friede Springer durch ihre Stiftungen bedeutende Beiträge zu sozialen und wissenschaftlichen Projekten geleistet. Ihre Förderung von Herz-Kreislauf-Forschung oder Bildungsinitiativen wie das „Haus der kleinen Forscher“ sind wichtige und lobenswerte Projekte. Doch es bleibt die Frage, ob diese philanthropischen Aktivitäten als ausreichend angesehen werden können, um die problematische Rolle des Springer-Verlags aufzuwiegen.

Philanthropisches Engagement darf nicht als Feigenblatt dienen, um von den negativen Auswirkungen eines Medienunternehmens abzulenken. Die ehrenvolle Anerkennung einer Person sollte umfassend die öffentliche Wirkung und den Einfluss berücksichtigen, den sie durch ihre beruflichen Aktivitäten ausübt. Im Fall von Friede Springer wird dies durch die Verstrickungen mit dem Springer-Verlag massiv erschwert.

Ein fragwürdiges Signal für die Gesellschaft

Die Entscheidung des Berliner Senats, Friede Springer für die Ehrenbürgerwürde vorzuschlagen, wirft auch die Frage auf, welches Signal an die Gesellschaft gesendet wird. Kann eine Person, die eine zentrale Rolle in einem Medienunternehmen spielt, das oft für seine aggressive und spalterische Berichterstattung kritisiert wird, wirklich als Vorbild dienen? Indem man Friede Springer ehrt, könnte der Eindruck entstehen, dass wirtschaftlicher Erfolg und philanthropisches Engagement ausreichend sind, um problematische unternehmerische Praktiken zu übersehen.

Die Vergabe der Würde sollte nicht nur als Anerkennung für individuelle Verdienste verstanden werden, sondern auch als eine Bestätigung von moralischen Werten und gesellschaftlicher Verantwortung. Die Ehrung von Friede Springer erscheint jedoch als Fehlentscheidung, die nicht nur die Ehrenbürgerwürde selbst, sondern auch die moralische Haltung der Stadt Berlin infrage stellt.

Fazit: Eine kritische Reflexion ist notwendig!

Die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Friede Springer ist mehr als nur eine einfache Ehrung – sie ist eine politische und gesellschaftliche Erklärung. Angesichts der langjährigen Rolle des Springer-Verlags und der „Bild“-Zeitung in der deutschen Medienlandschaft erscheint diese Entscheidung als problematisch und unangemessen. Es bedarf einer kritischen Reflexion darüber, welche Werte und Taten wirklich eine solche Auszeichnung verdienen. Die Ehrung von Friede Springer könnte letztlich mehr Schaden anrichten, als sie Gutes tut, indem sie die problematischen Aspekte des Springer-Verlags ausblendet und die gesellschaftliche Verantwortung, die mit dieser hohen Auszeichnung verbunden sein sollte, verwässert. Es bleibt zu hoffen, dass das Abgeordnetenhaus bei der finalen Entscheidung diese Bedenken ernsthaft in Betracht zieht.

Schlussendlich wurde Friede Springer jedoch schon so oft von Berlin, dem Bund oder Bayern geehrt, dass der Spruch: „Orden und Bomben treffen immer die Falschen“, wohl doch nicht ganz so falsch klingen kann. Bereits 1988 erhielt sie den Verdienstorden des Landes Berlin, 1996 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik, 2004 kam der Bayerische Verdienstorden dazu und 2008 schlussendlich noch das große Bundesverdienstkreuz. Von dem wirtschaftlichen Geschick allein sollte die Verleihung nicht abhängen, ansonsten hätte es auch ein wohlverdienter Wirtschaftspreis sein können. Springer mag als Geschäftsfrau auch einige gute Taten angestoßen haben, doch am Ende dürfte es oft nur ums Geld gehen. In der Hinsicht ist die „Bild“ schon immer ehrlich gewesen, es geht um die Auflage.

Ohne Springer wäre diese Republik heute demokratischer; es gäbe weniger Nationalismus und Rassismus, weniger Polizeistaat, weniger Schnüffler, weniger Misstrauen, weniger Lüge, weniger Prostitution, sexuelle wie politische. Die Bundesrepublik wäre ein friedlicheres Land, nicht so gefährlich für seine Nachbarn und seine eigenen Minderheiten.“ – Zeugen der Anklage, Kapitel “Der ‘Bild’-Konzern”, zitiert Gudrun Kruip: Das Weltbild des Springer-Verlags, Oldenbourg Wissenschafts-Verlag 1999, Seite 257

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