Die EU und 14 weitere Länder fordern Israel auf, die Angriffe von Siedlern auf Palästinenser zu stoppen. Sie nennen die Gewalt „inakzeptabel“ und verlangen von Israel „sofortige und konkrete Schritte“ zur Eindämmung. Die Siedlergewalt hat in den vergangenen Monaten ein Rekordniveau erreicht und bedroht den Friedensprozess in der Region.
Kritik an Siedlergewalt im Westjordanland
Die EU und 14 weitere Länder haben Israel in einer gemeinsamen Erklärung aufgefordert, die Gewalt von Siedlern im besetzten Westjordanland zu stoppen. Sie nannten die Angriffe auf Palästinenser „inakzeptabel“ und fordern von Israel „sofortige und konkrete Schritte zu unternehmen, um die rekordverdächtige Siedlergewalt im besetzten Westjordanland einzudämmen“.
Die EU, das Vereinigte Königreichs, Australien, Kanada, Frankreich und anderer Länder äußerten ihre „große Besorgnis über die Rekordzahl von Angriffen durch extremistische Siedler“, welche insbesondere seit dem 7. Oktober stattgefunden haben. An diesem Tag hatte die Hamas einen massiven Terrorangriff auf Israel verübt, bei dem viele Zivilisten getötet oder verschleppt wurden. Sie verurteilten die Siedlergewalt als einen Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht und eine Bedrohung für die Sicherheit und Stabilität in der Region. Sie forderten auch ein Ende der israelischen Siedlungspolitik, die sie als illegal und ein Hindernis für den Frieden betrachten.
In der Erklärung werden Daten der israelischen Menschenrechtsorganisation Yesh Din zitiert, nach denen Siedler mehr als 343 gewalttätige Angriffe verübt haben, bei denen acht palästinensische Zivilisten getötet und mehr als 83 Personen verletzt und 1026 Palästinenser aus ihren Häusern vertrieben wurden. Die Angriffe umfassten Schüsse, Steinwürfe, Brandstiftungen, Vandalismus und Belästigungen.
Die Länder kritisierten, dass Israel die Palästinenser nicht ausreichend schütze und die Siedler nicht strafrechtlich verfolge. Sie sagten, dass dies zu einem Umfeld fast völliger Straffreiheit geführt habe, in dem die Gewalt der Siedler ein noch nie dagewesenes Ausmaß erreicht habe. Sie forderten Israel auf, „sofortige und konkrete Schritte“ zu unternehmen, um die Siedlergewalt einzudämmen und die Rechte der Palästinenser zu respektieren.
Von den Ländern wurde zwar die israelischen Erklärungen gegen solche Gewalt gelobt, jedoch müssten diesen Worten jetzt Taten folgen. Sie betonten, dass die Siedlergewalt den Friedensprozess untergrabe und eine Zwei-Staaten-Lösung gefährde. Sie riefen alle Parteien zur Zurückhaltung und zum Dialog auf, um eine weitere Eskalation zu vermeiden.
Siedlergewalt ein langjähriges Problem
Die Siedlergewalt ist ein langjähriges Problem im Westjordanland, das von Israel als Judäa und Samaria bezeichnet wird. Dort leben rund 2,8 Millionen Palästinenser und etwa 450.000 israelische Siedler. Von 1967 bis 1977 wurden die ersten 30 israelischen Siedlungen errichtet. Die Siedler beanspruchen das Land aufgrund religiöser und historischer Ansprüche, während die Palästinenser es als Teil ihres künftigen Staates sehen. Die Siedlergewalt richtet sich oft gegen palästinensische Bauern, die ihre Olivenbäume und Ernten zerstört sehen, oder gegen palästinensische Fahrer, die mit Steinen beworfen werden. In den vergangenen Monaten hat die Gewalt der Siedler zugenommen, was zu mehreren Toten und Verletzten auf beiden Seiten geführt hat. Ende 2010 gab es bereits etwa 200 israelische Siedlungen und etwa 145 nicht genehmigte „Außenposten“. Zusätzlich kommen 32 Siedlungen in Ostjerusalem hinzu.
Auflösung eines Postens
Im Dezember wurde eine illegale Siedlung durch die Polizei und Zivilverwaltung geräumt, damit verbunden war die Zerstörung der Gebäude. Der erst kürzlich von radikalen Siedlern aufgebauten Posten Mitzpe Kedem bestand aus zwei einfachen Häusern und entstand nach den Ereignissen vom 7. Oktober in der Nähe der Asael-Siedlung. Zwei Familien und eine Gruppe Jugendlicher werden aus dem Gebiet geräumt, ihre Sachen aus den Häusern entfernt, bevor diese abgerissen wurden. Während der Räumung beleidigte eine Bewohnerin der Siedlung einen Mitarbeiter der Zivilverwaltung rassistisch, dies geht aus den Aufnahmen der Räumung hervor. Zuvor bezeichnete sie den Mann mehrfach als „Araber“. Weiter sagte sie: „Viel Spaß, viel Spaß, Araber, die die Häuser der Juden zerstören, wann werdet ihr uns auch ermorden? Mögen eure Namen ausgelöscht werden, seht nur, wie sehr er sich amüsiert“.
Finanzminister Betzalel Smotrich, Vorsitzender der ultranationalistischen Partei »Religiöser Zionismus«, hatte die sofortige Unterbrechung des Abrisses gefordert, um es gemäß Koalitionsvereinbarungen mit Verteidigungsminister Joaw Galant zu besprechen. Die Sicherheitskräfte führen jedoch trotzdem den Abriss des Außenpostens durch. Illegal errichtete Siedlungen führten international immer wieder zu massiver Kritik gegen Israel. Das Westjordanland gehört eigentlich nicht zu Israel und steht unter der Selbstverwaltung der Palästinenser. In der Vergangenheit wurden dort jedoch immer wieder Siedlungen errichtet, teilweise auch unter Aufsicht der israelischen Regierung. In den so besetzten Gebieten leben nach dem Stand von 2019 etwa 700.000 israelische Siedler. Die UN und viele Staaten stufen diese Siedlungen als völkerrechtlich illegal ein. Das oberste Gericht Israels hat die Enteignungen im Westjordanland bereits mehrfach als verfassungswidrig bezeichnet.
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vom Likud ((eine israelische politische Partei, die als nationalkonservativ gilt. Sie wurde 1973 als Bündnis mehrerer rechter und liberaler Parteien gegründet und 1988 zu einer einzigen Partei fusioniert. Likud hat mehrere israelische Ministerpräsidenten gestellt, darunter Menachem Begin, Ariel Scharon und Benjamin Netanjahu)) sprach 2009 von der kulturellen und religiösen Bedeutung des Westjordanlands folgendermaßen: „Die Beziehung zwischen dem jüdischen Volk und dem Land Israel existiert seit über 3500 Jahren. Judäa und Samaria sind die Orte, in denen sich bereits unsere Vorfahren Abraham, Isaak und Jakob aufhielten, sowie David, Salomo und Jeremia. Sie stellen kein fremdes Land dar, sondern das Land unserer Vorfahren.“
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