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Bundesverfassungsgericht: BKA-Gesetz in Teilen verfassungswidrig

Das Bild zeigt die Außenansicht des Bundesverfassungsgerichts, eines modernen Gebäudes mit großen Fenstern und einem Flachdach. Vor dem Gebäude steht ein Schild mit der Aufschrift “BUNDESVERFASSUNGSGERICHT”. SYMBOLBILD Bundesverfassungsgericht erklärt BKA-Gesetz in Teilen für verfassungswidrig

Das Bild zeigt die Außenansicht des Bundesverfassungsgerichts, eines modernen Gebäudes mit großen Fenstern und einem Flachdach. SYMBOLBILD

Das Bundesverfassungsgericht hat am 1. Oktober 2024 wesentliche Teile des Bundeskriminalamt-Gesetzes (BKA-Gesetz) für verfassungswidrig erklärt und fordert eine Überarbeitung bis spätestens zum 31. Juli 2025. Die Richterinnen und Richter des Ersten Senats befanden, dass einzelne Bestimmungen zur Datenspeicherung und Überwachung im Rahmen der Terrorismusabwehr gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen. Während einige Regelungen weiterhin gelten, werden sie durch das Urteil erheblich eingeschränkt.

Im Mittelpunkt des Verfahrens stand eine Verfassungsbeschwerde, die von der Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) angestoßen wurde. Beschwerdeführende, darunter zwei Rechtsanwältinnen, ein politischer Aktivist und Mitglieder der organisierten Fußball-Fanszene, hatten sich gegen die ausufernde Sammlung und Speicherung von Daten durch das BKA gewehrt.

Wesentliche Punkte des Urteils: Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Das Bundesverfassungsgericht stellte klar, dass die angegriffenen Regelungen in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung eingreifen, das sich aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) ableitet. Dies betrifft primär die Befugnisse des BKA zur Überwachung von Kontaktpersonen im Umfeld von Terrorverdächtigen sowie die Speicherung und Weiterverarbeitung personenbezogener Daten im polizeilichen Informationsverbund.

Grundsätzlich dürfen solche Eingriffe nur dann erfolgen, wenn sie auf einer klaren gesetzlichen Grundlage beruhen, einem legitimen Zweck dienen und verhältnismäßig sind. Das Gericht betonte, dass die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit umso strenger sind, je tiefgreifender der Eingriff ist. In diesem Zusammenhang unterschied der Senat zwischen der Erhebung und der späteren Verarbeitung von Daten – beides müsse gesondert gerechtfertigt werden.

Überwachung von Kontaktpersonen: Gericht sieht unverhältnismäßige Eingriffsschwelle

Eine der umstrittensten Regelungen betrifft die Befugnis des BKA, Kontaktpersonen von Terrorverdächtigen heimlich zu überwachen (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BKAG). Diese Bestimmung erlaubt es dem BKA, Personen zu überwachen, die selbst nicht im Verdacht stehen, Straftaten zu begehen, aber eine Nähebeziehung zu einer verdächtigen Person haben. Hierzu gehören unter anderem Freunde oder Familienangehörige von Verdächtigen. Das BKA kann dabei auf intensive Überwachungsmethoden wie langfristige Observationen oder den Einsatz von verdeckten Ermittlern zurückgreifen.

Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass diese Befugnisse nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit entsprechen. Solche Überwachungsmaßnahmen greifen tief in die Privatsphäre der Betroffenen ein, insbesondere wenn sie darauf abzielen, sämtliche Bewegungen und Äußerungen der überwachten Person aufzuzeichnen. Die Richterinnen und Richter kritisierten, dass die Eingriffsschwelle für eine derart intensive Maßnahme zu niedrig angesetzt ist. Für solch gravierende Eingriffe müsse eine konkrete Gefahr von der überwachten Person ausgehen, was im Falle von Kontaktpersonen oft nicht gegeben sei.

Datenspeicherung im polizeilichen Informationsverbund: Mangelhafte Vorgaben

Ein weiterer zentraler Aspekt des Urteils betrifft die Speicherung personenbezogener Daten im polizeilichen Informationsverbund (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 BKAG). Der Informationsverbund ist eine zentrale Datenplattform, über die die Polizeibehörden des Bundes und der Länder Daten austauschen. Hier bemängelte das Gericht vor allem, dass es keine ausreichenden Vorgaben zur Speicherdauer gibt und die Schwelle zur Speicherung personenbezogener Daten zu niedrig angesetzt ist.

Diese Speicherung stellt einen erneuten Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar, der primär dann schwerwiegend ist, wenn die Daten zuvor mit besonders intensiven Überwachungsmethoden erhoben wurden. Da viele dieser Daten heimlich gesammelt werden, haben Betroffene oft keine Möglichkeit, nachträglich Rechtsmittel einzulegen, was das Eingriffsgewicht zusätzlich verstärkt.

Das Bundesverfassungsgericht bemängelte zudem, dass die gespeicherten Daten häufig zu anderen Zwecken genutzt werden als ursprünglich vorgesehen. Diese zweckändernde Weiterverarbeitung erfordert jedoch eine eigene verfassungsrechtliche Rechtfertigung, die im aktuellen Gesetz nicht ausreichend gegeben ist. Der polizeiliche Informationsverbund ermöglicht es, dass eine Vielzahl von Behörden Zugriff auf die gespeicherten Daten erhält, was die Eingriffsintensität weiter erhöht. Das Gericht bemängelt, zu dem das Fehlen eines Regelungskonzept zur Speicherdauer der Informationen und Daten.

Fazit: Gesetzgeber muss handeln

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber nun bis zum 31. Juli 2025 Zeit gegeben, die verfassungswidrigen Teile des BKA-Gesetzes zu überarbeiten. Bis dahin bleiben die beanstandeten Regelungen unter bestimmten Einschränkungen in Kraft. Die Entscheidung verdeutlicht erneut die Bedeutung des Datenschutzes und des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung in Deutschland. Die Sicherheitsbehörden dürfen zwar weiterhin Daten erheben und speichern, müssen aber zukünftig strengere rechtliche Vorgaben beachten.

Für das Bundeskriminalamt und andere Polizeibehörden bedeutet das Urteil, dass sie ihre Befugnisse zur Überwachung und Datenspeicherung künftig stärker rechtfertigen müssen. Insbesondere die heimliche Überwachung von Kontaktpersonen wird in ihrer jetzigen Form nicht mehr zulässig sein, wenn der Gesetzgeber die Vorgaben des Gerichts umsetzt. Auch die Datenspeicherung im polizeilichen Informationsverbund muss strikteren Regeln unterworfen werden.

Das Urteil zeigt, wie schwierig es ist, die Balance zwischen Sicherheitsinteressen des Staates und dem Schutz der individuellen Freiheitsrechte zu wahren. Die kommenden Monate werden zeigen, wie der Gesetzgeber diese Herausforderung bewältigt und welche Änderungen am BKA-Gesetz vorgenommen werden, um sowohl die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten, als auch die verfassungsmäßigen Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu schützen.

Die Regierung plant noch weitere Maßnahmen in einem neuen Sicherheitspaket, darunter Gesichtserkennung und Waffenverbot. Im Zuge der heutigen Entscheidung stellt sich die Frage, ob die biometrische Massenüberwachung nicht zum Scheitern verurteilt ist?

Kurz & Bündig

Warum wurde das BKA-Gesetz für verfassungswidrig erklärt?

Das BKA-Gesetz wurde teilweise für verfassungswidrig erklärt, weil einige Regelungen gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verstoßen.

Welche Regelungen des BKA-Gesetzes wurden beanstandet?

Hauptsächlich betroffen sind die Überwachung von Kontaktpersonen und die Speicherung personenbezogener Daten im polizeilichen Informationsverbund.

Bis wann muss das BKA-Gesetz überarbeitet werden?

Der Gesetzgeber hat bis zum 31. Juli 2025 Zeit, das Gesetz zu überarbeiten.

Welche Konsequenzen hat das Urteil für das BKA?

Das BKA muss seine Überwachungs- und Datenspeicherungsmaßnahmen künftig strikter rechtfertigen und darf bestimmte Überwachungsmaßnahmen nur noch unter höheren Voraussetzungen durchführen.

Wie wirkt sich das Urteil auf die Datenspeicherung im polizeilichen Informationsverbund aus?

Das Urteil fordert striktere Vorgaben zur Speicherung, Nutzung und Dauer der Speicherung personenbezogener Daten im polizeilichen Informationsverbund.

Was ist das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung?

Dieses Grundrecht schützt die individuelle Entscheidung über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten und leitet sich aus dem Grundgesetz ab.

Quellen:
Eigene Recherchen
Bundesverfassungsgericht – Presse – Einzelne gesetzliche Befugnisse des BKA zur Datenerhebung (§ 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BKAG) und Datenspeicherung (§ 18 Abs. 1 Nr. 2 BKAG) sind in Teilen verfassungswidrig

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