Bundeskanzler Olaf Scholz hat in einer emotional aufgeladenen Bundestagsdebatte anlässlich des Jahrestags des Hamas-Überfalls auf Israel am 7. Oktober 2023 weitere Waffenlieferungen an den israelischen Staat angekündigt. Diese Entscheidung fällt in eine Zeit intensiver Diskussionen um die deutsche Unterstützung für Israel und wirft Fragen zu außen- und sicherheitspolitischen Prioritäten auf. Die Debatte drehte sich nicht nur um die Zukunft der deutsch-israelischen Beziehungen, sondern auch um die Auswirkungen des Nahostkonflikts auf die deutsche Innenpolitik, insbesondere im Hinblick auf Antisemitismus und Asylpolitik.
Scholz: „Wir werden Waffen liefern“
Kanzler Scholz ließ keinen Zweifel daran, dass Deutschland weiterhin an der Seite Israels stehen wird. „Wir haben Waffen geliefert, und wir werden Waffen liefern“, sagte er in seiner Rede vor dem Bundestag und betonte die Notwendigkeit weiterer militärischer Unterstützung. In seinem Monolog ging es weniger um neue Strategien, als vielmehr um die Bekräftigung der bisherigen Linie der Bundesregierung. Der Umfang und die Art der neuen Waffenlieferungen blieben jedoch offen.
Die Ankündigung des Bundeskanzlers erfolgte vor dem Hintergrund anhaltender Kritik aus den Reihen der Opposition. Vornehmlich die Unionsparteien hatten der Bundesregierung vorgeworfen, die Unterstützung Israels zu verzögern und wichtige Exportgenehmigungen für militärisches Material – darunter Munition und Ersatzteile für Panzer – nicht rechtzeitig zu erteilen.
Scharfe Kritik der Union: Verzögerungen bei Waffenexporten
Die Unionsparteien, angeführt von CDU-Chef Friedrich Merz, äußerten scharfe Kritik an der Ampelkoalition und ihrer Israel-Politik. Merz betonte, dass zahlreiche deutsche Unternehmen bereits vor Monaten Anträge auf Waffenlieferungen nach Israel eingereicht hätten, diese aber bis heute nicht bearbeitet worden seien. Er verwies dabei auf schriftliche Meldungen von Unternehmen, die seit Monaten auf Exportgenehmigungen warteten. Merz warf der Regierung vor, in der gegenwärtigen Krisenlage nicht entschieden genug zu handeln und so die Sicherheit Israels zu gefährden.
Diese Vorwürfe wies Außenministerin Annalena Baerbock in ihrer Rede entschieden zurück. Sie betonte, dass Waffenlieferungen an Israel stets unter Berücksichtigung des internationalen Völkerrechts erfolgen müssten. Für Baerbock steht die Unterstützung Israels jedoch außer Frage und sie machte deutlich, dass dies keine Frage parteipolitischer Differenzen sei: Die Unterstützung für Israel müsse „deutsche Staatsräson sein, unabhängig davon, wer das Land regiert“, erklärte sie. Jedoch könne Israel „auf Dauer nur in Frieden leben, wenn auch seine palästinensischen Nachbarn in Frieden leben können.“
Rüstungsexporte 2024: Ein drastischer Rückgang
Trotz der öffentlichen Bekräftigungen zur Unterstützung Israels zeigt ein Blick auf die Zahlen, dass Deutschland seine Rüstungsexporte nach Israel im Jahr 2024 erheblich reduziert hat. Während die Bundesregierung im Jahr 2023 Rüstungsexporte im Wert von 326,5 Millionen Euro genehmigte – ein Anstieg um das Zehnfache gegenüber dem Vorjahr – fielen die Genehmigungen im laufenden Jahr bis Mitte August auf nur noch 14,5 Millionen Euro. Besonders auffällig ist dabei, dass lediglich zwei Prozent dieser Exporte als Kriegswaffen deklariert wurden. Der Großteil betraf Schutzausrüstung wie Helme und Schutzwesten sowie Kommunikationsgeräte.
Trotz des starken Rückgangs betonte das Bundeswirtschaftsministerium auf Anfrage, dass es keinen generellen Stopp von Waffenlieferungen nach Israel gebe. „Es gibt keinen Genehmigungsstopp für Rüstungsexporte nach Israel und es wird auch keinen Stopp geben“, erklärte das Ministerium. Die Entscheidung über Waffenexporte werde stets im Einzelfall getroffen und basiere auf außen- und sicherheitspolitischen Erwägungen sowie dem humanitären Völkerrecht. Dabei fließen auch aktuelle Entwicklungen in der Region, wie die Angriffe der Hamas und Hisbollah auf Israel sowie die Situation im Gazastreifen, in die Entscheidung mit ein.
Gedenken an die Opfer des Hamas-Angriffs: Der 7. Oktober als Zäsur
Zu Beginn der Bundestagsdebatte stand das Gedenken an die über 1.200 Opfer des verheerenden Hamas-Angriffs auf Israel am 7. Oktober 2023 im Mittelpunkt. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas erinnerte in einer bewegenden Rede an die Toten sowie an die Geiseln, die noch immer in der Gewalt der Terrororganisation Hamas sind. Sie bezeichnete diesen Tag als „Zäsur“ für die Menschen in Israel und betonte, dass das Geschehen weit über die Grenzen des Landes hinaus Auswirkungen habe – auf die gesamte Region und die jüdische Gemeinschaft weltweit.
Bas unterstrich Israels Recht auf Selbstverteidigung, stellte aber auch klar, dass der Schutz von Zivilisten auf beiden Seiten des Konflikts eine dringende Herausforderung sei. Sie sprach von einem „unerträglichen Dilemma“ zwischen der legitimen Selbstverteidigung Israels und der humanitären Katastrophe im Gazastreifen. „Schritte zur Deeskalation“ seien notwendig, mahnte Bas und forderte ein Ende der „humanitären Katastrophe“ in Gaza. Es bräuchte eine friedliche Perspektive für die Region. Wie das jedoch geschehen soll, erwähnte Bas selbst nicht. Das Leid aller Seiten anzuerkennen, sei ein Gebot der Menschlichkeit.
Asylpolitik und Antisemitismus: Ein brisantes Thema im Bundestag
Im Verlauf der Debatte verschoben sich die Themen von der Außenpolitik hin zu innenpolitischen Fragen, insbesondere zur deutschen Asylpolitik und dem wachsenden Antisemitismus im Land. Bundestagspräsidentin Bas zeigte sich besorgt über die Zunahme antisemitischer Übergriffe in Deutschland seit Beginn des Krieges im Nahen Osten. Sie prangerte die hemmungslose Verbreitung antisemitischer Hetze, speziell in sozialen Medien und an deutschen Universitäten, an. Seit dem 7. Oktober 2023 habe es rund 8.500 antisemitische Straftaten in Deutschland gegeben, erklärte CDU-Chef Merz.
Merz führte dies auch auf eine unkontrollierte Zuwanderung aus dem arabischen Raum zurück und erneuerte die Forderung der CDU nach einer Verschärfung der Migrationspolitik. Er betonte, dass ein Stopp der ungehinderten massenhaften Zuwanderung „ein wesentlicher Beitrag zur Begrenzung des Antisemitismus in Deutschland“ sei. Die politische Sozialisation in vielen Herkunftsländern von Geflüchteten sei von einer Feindschaft gegenüber Israel geprägt, argumentierte Merz.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt ging noch weiter und forderte, antisemitisch motivierte Straftaten als Grund für eine sofortige Ausweisung von Straftätern gesetzlich zu verankern. Antisemitismus müsse als „besonders schwerer Fall der Volksverhetzung“ eingestuft werden, so Dobrindt. Der AfD-Mann Bernd Bauman schlug in eine ähnliche Kerbe. Laut seinen Aussagen seien Straftaten gegen Juden primär religiös motiviert. Die AfD sieht in der Migrationspolitik die Ursache für Judenhass.
Christian Dürr von der FDP sprach vom Recht der Selbstverteidigung des israelischen Staates: „Israel verteidigt sich gegen Gewalt und Terror. Wir dürfen nicht aufhören das zu betonen und zu wiederholen.“ Er kritisierte deutlich, dass immer wieder von Solidarität und Staatsräson gesprochen werden, nur „um dann im nächsten Atemzug Israels Vorgehen dauernd zu maßregeln.“
Weiter sagte er:„Wer in Deutschland gegen jüdisches Leben auf die Straße geht, der hat in diesem Land nichts zu suchen, denn er teilt unsere Werte nicht.“
Fazit: Deutschland zwischen internationaler Solidarität und innenpolitischen Spannungen
Wenngleich diese Erklärung, die Migration oder Religion als Schuldigen sieht, nicht erklärt, warum insbesondere Teile der linksgerichteten Studentenschaft ohne Migrationsgeschichte sich vermeintlich für Palästina engagiert, dabei am Ende jedoch nur Antisemitismus bedient. Der Union und der AfD kann man fast schon gemeinschaftlichen plumpen Populismus vorwerfen. Allgemein gibt es nicht die Erklärung für Antisemitismus. Religion oder Herkunft sind meistens nicht der eigentliche Grund.
Hamas, Hisbollah und der Iran unterhalten gemeinsam ein massives Mediennetzwerk und beeinflussen in den Sprachen der Region die öffentliche Meinung. Diese Propaganda macht jedoch nicht vor den Türen der Demokratien halt. Auch in Deutschland hat die iranische Regierung großen Einfluss. Jahre, teils Jahrzehnte, konnten Organisationen wie die blaue Moschee in Hamburg die Menschen beeinflussen. Das hat am Ende jedoch nichts mit dem Islam zu tun, sondern mit einer radikalen Minderheit. Diese Islamisten bilden jedoch nicht den Kern der Religion und werden mehrheitlich abgelehnt. Dass in der arabischen Welt der Antisemitismus verbreitet ist, liegt zum Teil auch in der deutschen Geschichte.
Die Ankündigung weiterer Waffenlieferungen an Israel unterstreicht die enge deutsch-israelische Partnerschaft, auch wenn die konkreten Exportzahlen für 2024 einen deutlichen Rückgang zeigen. Gleichzeitig offenbarte die Diskussion um Antisemitismus und Migrationspolitik tiefe innenpolitische Gräben, die die Bundesregierung in den kommenden Monaten beschäftigen werden. Die Frage, wie Deutschland seiner historischen Verantwortung gegenüber Israel gerecht werden und gleichzeitig seine innenpolitischen Herausforderungen bewältigen kann, bleibt eine der drängendsten in der aktuellen politischen Landschaft.
Kurz & Bündig
Was wurde im Bundestag über Waffenlieferungen an Israel diskutiert?
Die Bundesregierung kündigte weitere Lieferungen an Israel an, was zu intensiven Debatten über außenpolitische Prioritäten und die deutsche Unterstützung führte.
Warum kritisierte die CDU/CSU die Bundesregierung?
Die Union kritisierte Verzögerungen bei der Genehmigung von Waffenexporten nach Israel und warf der Regierung vor, Israels Sicherheit zu gefährden.
Wie haben sich die Rüstungsexporte nach Israel verändert?
Im Jahr 2024 gingen die deutschen Rüstungsexporte nach Israel im Vergleich zum Vorjahr drastisch zurück, von 326,5 Millionen Euro auf 14,5 Millionen Euro.
Welche Rolle spielt der 7. Oktober 2023 in der Diskussion?
Der Hamas-Angriff auf Israel am 7. Oktober 2023 war ein zentraler Punkt der Debatte, der die enge Partnerschaft zwischen Deutschland und Israel erneut in den Fokus rückte.
Wie wurde das Thema Antisemitismus im Bundestag behandelt?
Es gab eine breite Debatte über die Zunahme antisemitischer Vorfälle in Deutschland seit Beginn des Nahostkonflikts, die teilweise mit der deutschen Asylpolitik in Verbindung gebracht wurde.
Wie sieht die Haltung der Bundesregierung zu Israel aus?
Die Bundesregierung bekräftigte ihre Unterstützung für Israel, betonte jedoch, dass alle Entscheidungen zu Waffenexporten im Einklang mit dem Völkerrecht getroffen werden müssen.
Quellen:
Eigene Recherchen
Deutschland drosselt Kriegswaffenexporte nach Israel – Keine generelle Blockade | obiaushv.de
Deutscher Bundestag – Abgeordnete verurteilen Angriff der Hamas auf Israel und warnen vor Judenhass
Bild: DBT/Thomas Koehler/Thomas Koehler/Photothek.de.