Das Bild zeigt den Schriftzug „DIE LINKE“ in großen, weißen Buchstaben vor einem roten Hintergrund. Der Text hat eine dreidimensionale Struktur. „DIE LINKE“ bezieht sich auf eine politische Partei in Deutschland, bekannt als „Die Linke“. Investitionsoffensive Die Linke Symbolbild

In einem neuen Papier haben Martin Schirdewan, Parteivorsitzender der Linken, und Stefan Hartmann, Spitzenkandidat und Landessprecher in Sachsen, eine umfassende Investitionsoffensive für Ostdeutschland vorgeschlagen. Sie zielen darauf ab, die tief verwurzelten wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zwischen Ost- und Westdeutschland zu überwinden, die auch mehr als 30 Jahre nach der Wiedervereinigung bestehen bleiben.

Kritik am bisherigen „Aufbau Ost“

In ihrem Positionspapier kritisieren Schirdewan und Hartmann den bisherigen „Aufbau Ost“ scharf. Sie sehen in den Maßnahmen der vergangenen Jahrzehnte eher einen „Ausverkauf Ost“, von dem vorwiegend westdeutsche Konzerne profitiert hätten. Trotz der positiven Entwicklung in einigen wirtschaftlichen Zentren wie Dresden oder Leipzig bleibe der Osten insgesamt die größte zusammenhängende strukturschwache Region Deutschlands. Niedrige Löhne, geringe Wirtschaftsleistung und ungleiche Vermögensverteilung prägen weiterhin das Bild. „Die Zukunft vieler Menschen hier ist stärker von Sorgen geprägt“, heißt es in dem Papier.

Abseits des Positionspapiers gilt als zentraler Kritikpunkt die ungleiche Verteilung der Mittel und Investitionen. Trotz erheblicher finanzieller Aufwendungen, die in den Osten Deutschlands flossen, bleibt die wirtschaftliche Kluft zwischen Ost- und Westdeutschland bestehen. Einige Regionen im Osten haben zwar Fortschritte gemacht, kämpfen jedoch weiterhin mit wirtschaftlichen und strukturellen Problemen.

Viele Menschen im Osten Deutschlands fühlen sich benachteiligt oder haben das Gefühl, dass ihre Lebensrealität von der westdeutschen Perspektive aus nicht ausreichend berücksichtigt wurde. Dies betrifft nicht nur ökonomische Fragen, sondern auch soziale und kulturelle Aspekte. Der hohe Zustrom von westdeutschen Unternehmen und Investoren in den Osten führte häufig dazu, dass lokale Unternehmen unter Druck gerieten oder ganz verschwanden. Die schnelle Privatisierung von staatlichen Betrieben im Osten führte in vielen Fällen zu einem Verlust von Arbeitsplätzen und einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage.

Trotz des Aufbaus von Infrastrukturen und wirtschaftlicher Anreize blieb das Gefühl einer „zweiten Klasse“ in Teilen der Bevölkerung bestehen, was sich in niedrigeren Einkommen, höherer Beschäftigungslosigkeit und weniger wirtschaftlichen Chancen widerspiegelt.

Insgesamt ist der Aufbau Ost ein komplexes Projekt mit gemischten Ergebnissen. Während es Erfolge gab, gibt es noch viele Herausforderungen und ungelöste Fragen, die eine weiterhin kritische Betrachtung und kontinuierliche Anstrengungen erfordern.

Neue Investitionsimpulse und ein Infrastruktur-Fonds

Schirdewan und Hartmann fordern eine umfassende Neuausrichtung der Investitionspolitik. Kernpunkt ihres Vorschlags ist die Einrichtung eines „Infrastrukturfonds Ost“, der als Sondervermögen (Investition) von der Schuldenbremse ausgenommen wäre. Dieser Fonds könnte in den kommenden zehn Jahren rund 190 Milliarden Euro in die öffentliche Infrastruktur in Ostdeutschland investieren. Der Investitionsbedarf in Bereichen wie Bildung, Gesundheit, Verkehr und kommunale Infrastruktur sei enorm, und eine konsequente Investitionsstrategie könne langfristig Arbeitsplätze schaffen und Perspektiven bieten.

Löhne und Renten anheben, Kommunen stärken

Ein weiteres zentrales Anliegen der Investitionsoffensive ist die Angleichung der Löhne und Renten zwischen Ost und West. „Die Ostdeutschen arbeiten im Durchschnitt länger und verdienen trotzdem weniger“, kritisiert das Papier. Um diese Ungerechtigkeit zu beenden, fordern die Linken eine einheitliche Tarifstruktur und die Abschaffung der unterschiedlichen Tarifgebiete für Ost und West. Öffentliche Aufträge sollten künftig an strikte Tariftreue und Mindestlohnvorgaben gebunden sein.

Auch die finanzielle Handlungsfähigkeit der Kommunen soll durch eine Entschuldungsinitiative des Bundes gestärkt werden. „Die ostdeutschen Kommunen haben in den vergangenen Jahren Milliarden an die Banken überwiesen, während ihre Investitionsfähigkeit weiter geschwunden ist“, betonen Schirdewan und Hartmann. Ein Schuldenschnitt für kommunale Altschulden sowie eine Reform der Gewerbesteuer hin zu einer Gemeindewirtschaftsteuer sollen hier Abhilfe schaffen.

Öffentliche Daseinsvorsorge und soziale Zentren

Um den sozialen Zusammenhalt zu fördern, sehen Schirdewan und Hartmann in der Stärkung der öffentlichen Daseinsvorsorge einen weiteren Schlüssel. Sie schlagen vor, kommunale Polikliniken und medizinische Versorgungszentren zu fördern sowie soziale Zentren in den Dörfern zu schaffen, die als Orte der Begegnung und Grundversorgung dienen sollen. Diese Zentren könnten zudem zivilgesellschaftliche und kulturelle Initiativen beherbergen und so das soziale Leben in schrumpfenden Regionen beleben.

Ein Appell für mehr Beteiligung und Demokratie

Das Papier endet mit einem Appell für mehr demokratische Beteiligung und eine stärkere Berücksichtigung der Erfahrungen der Menschen im Osten. „Die tiefsitzenden Erfahrungen der Enttäuschung haben das Vertrauen in die Demokratie erschüttert“, schreiben Schirdewan und Hartmann. Mit einer demokratisch organisierten Wirtschaft und regionalen Schwerpunkten für Investitionen soll der Osten auf einen eigenen, selbsttragenden Entwicklungspfad geführt werden.

Fazit

Mit ihrer „Investitionsoffensive für den Osten“ präsentieren Martin Schirdewan und Stefan Hartmann ein umfangreiches Programm, das die wirtschaftliche und soziale Entwicklung in Ostdeutschland nachhaltig voranbringen soll. Ziel ist es, durch gezielte Investitionen in Infrastruktur, Bildung und soziale Projekte die bestehenden Disparitäten zwischen Ost- und Westdeutschland weiter abzubauen und eine gerechtere Verteilung von Ressourcen und Chancen zu ermöglichen.

Allerdings steht das Vorhaben vor erheblichen Herausforderungen. Die Umsetzung eines solch umfassenden Programms wird durch den aktuellen politischen Bedeutungsverlust der Partei Die Linke stark beeinträchtigt. In der aktuellen politischen Landschaft hat die Linke nur begrenzten Einfluss auf die Entscheidungsfindung in Bund und Ländern, was die praktische Realisierung ihrer Vorschläge erschwert. Dies wird besonders deutlich durch die kürzliche Ankündigung von Martin Schirdewan und Janine Wissler, von ihren politischen Ämtern zurückzutreten, um der Partei eine Chance für einen Neuanfang zugeben.

Der Rücktritt der beiden prominenten Politiker wirft Fragen zur zukünftigen Ausrichtung und Stabilität der Partei auf. In einer Phase, in der die Partei ohnehin mit internen Konflikten und einem sinkenden Wähleranteil zu kämpfen hat, könnte die Abkehr von führenden Figuren weiter zur politischen Marginalisierung beitragen. Dies könnte die Chancen der Linken, ihre Investitionsoffensive effektiv umzusetzen, erheblich verringern.

In Anbetracht der bevorstehenden Wahlen in Sachsen und Thüringen erscheint das Programm nicht nur als Antwort auf bestehende Herausforderungen, sondern auch als potenzielles Wahlkampfmanöver. Der Zeitpunkt der Bekanntgabe und die Betonung der Investitionsoffensive könnten den Eindruck erwecken, dass es sich hierbei um eine strategische Initiative handelt, um kurzfristig Wählerstimmen zu gewinnen. Kritiker könnten argumentieren, dass solche Programme oft mehr auf die Verbesserung des Images und die Sicherung politischer Unterstützung abzielen, als auf die langfristige Lösung struktureller Probleme.

Quellen:
Eigene Recherchen
Die Linke – Eine Investitionsoffensive für den Osten: DIE LINKE. (die-linke.de)
Die Linke – Eine Investitionsoffensive für den Osten! Pressekonferenz mit Martin Schirdewan & Stefan Hartmann (youtube.com)

Von Steven Oberstein

Steven Oberstein oder auch besser bekannt unter dem Pseudonym OBIausHV ist freier Journalist und beschäftigt sich in letzter Zeit vor allem mit der Corona-Pandemie, ansonsten schreibt er über folgende Themen: Medienkritik, Gesundheit/Medizin (Coronavirus, Anthroposophie, Homöopathie), Politik und Technik.

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