Stellungnahme Klinikfinanzierung Symbolbild


Inmitten einer anhaltenden Debatte über die finanzielle Lage im Gesundheitswesen fordert der Krankenhaus-Verbund Klinik-Kompetenz-Bayern (KKB) einen Schadensersatz in Höhe von 350 Millionen Euro vom Bundesgesundheitsministerium (BMG). Diese Forderung stößt auf heftige Diskussionen und wird durch eine kontroverse Stellungnahme des Ministeriums ergänzt. Die Entwicklung wirft ein grelles Licht auf die prekäre finanzielle Situation vieler Kliniken und wirft Fragen nach der angemessenen Finanzierung und der Verantwortung von Bund und Ländern auf.

Gestern berichteten wir über die Forderung des Krankenhaus-Verbundes Klinik-Kompetenz-Bayern (KKB), welcher für seine Mitglieder einen Schadensersatz von 350 Mio. Euro vom Bundesgesundheitsministerium (BMG) forderte. Der Beitrag wurde später um die Stellungnahme des Ministeriums ergänzt. Laut KKB ist diese Stellungnahme jedoch nicht richtig. Alle weiteren Information im Text:

Forderung von 350 Mio. Euro

Der Verbund Klinik-Kompetenz-Bayern sieht eine fehlende, ausreichende Finanzierung für die Kliniken. Alleine innerhalb des Verbundes kam man so auf einen Schaden von 350 Mio. Euro. Nicht zum ersten Mal stellen Kliniken eine solche Forderung an das Gesundheitsministerium.

Benjamin Stollreiter, Geschäftsführer des KKB, berichtete, dass etwa die Hälfte der 34 KKB-Kliniken ähnliche Forderungen an das Gesundheitsministerium gerichtet hätten. Sie stützen sich dabei auf das Krankenhausgesetz, das eine angemessene Finanzierung vorsieht, die ihrer Ansicht nach jedoch nicht gewährleistet ist.

Stellungnahme des BMG „ist nicht korrekt“

Das BMG sieht die Länder in der Verantwortung und machte diese in seiner Stellungnahme an uns deutlich: „im Gegensatz zu den Ländern – die eigentlich zuständig sind –“ habe der Bund die Krankenhäuser massiv unterstützt. Zudem zählte man etwaige Leistungen auf, etwa die Zahlungen im Rahmen der Corona-Pandemie, Energiehilfe, 2 x 120 Mio. Euro für die Geburtshilfe und zudem seien 2023 die GKV-Ausgaben für die Krankenhäuser (1. bis 3. Quartal) um knapp 7 Prozent angestiegen.

Mit der Stellungnahme konfrontierte obiaushv.de den KKB, welche die Aussage das Ministerium entschieden zurückweist. Der Verbund betonte die Zuständigkeit des Bundes für die Betriebskostenfinanzierung. Die Länder hingegen seien nur für die Investitionen innerhalb der Kliniken zuständig. Auf einer Seite des BMG wird diese Aussage auch dahin gehend bestätigt, dass die Länder für die Investitionskostenfinanzierung verantwortlich sind. Der Text beschreibt zudem die Aufteilung der Kosten in Investitionskosten und Betriebskosten. Seit 1972 werden die entsprechenden Kostenpunkte durch die Länder und Krankenkassen aufgeteilt.

Zudem bezeichnet man die Aufführung der Coronahilfen als „unangebracht“. „Diese Hilfen haben die vom Staat angeordnete Freihaltung von Betten ausgeglichen und waren nie dafür vorgesehen, die hohen Kostensteigerungen auszugleichen.“ Weiter heißt es: „Die Aussage, dass durch den Landesbasisfallwert die Inflation und Tariflohnsteigerungen ausgeglichen werden ist nachweislich falsch. Zusätzlich verschärft wird die Situation durch die Streichung des § 10 Abs. 4 S. 3 Krankenhausentgeltgesetz Ende 2022. Danach wäre eine Steigerung der Landesbasisfallwerte bei sinkenden Patientenzahlen auf Landesebene möglich gewesen. Die Streichung hat die daraus resultierende zusätzliche Erhöhung der Landesbasisfallwerte 2023 und 2024 verhindert.“

Ministerpräsidentenkonferenz forderte 5 Milliarden Euro

Im Oktober machte die Ministerpräsidentenkonferenz bereits deutlich, dass die Bundesregierung ihren Auftrag in der dualen Krankenhausfinanzierung nicht nachkomme. Der Bund müsse primär bei den Betriebskosten massiv nachsteuern. Die Kostensteigerungen ab 2022 seien durch den Bund nicht refinanziert worden, so die Länder.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (dkg) ging damals von einem Fehlbetrag bis Ende 2023 von 10 Milliarden Euro aus. Auf der Website der Gesellschaft lässt sich eine Defizit-Uhr abrufen, welche aktuell bei – 9.303.277.963 Euro liegt. Pro Stunde fehlen laut Uhr 589.262 Euro.1 Verantwortlich für die Kostensteigerung sei laut dkg die Inflation, Preisanstiege bei Produktionsgütern und Rohstoffen, sowie die gestiegenen Personalkosten.

Der Klinik-Verbund KKB weist darauf hin, „dass die Kosten neben der allgemeinen Kostensteigerung auch maßgeblich durch medizinischen Fortschritt und die demographische Entwicklung getrieben werden. Eine höhere Lebenserwartung hat volkswirtschaftlich ihren Preis, was in der Diskussion oft ausgeblendet wird, durch Studien aber nachweisbar ist.“ Die vom BMG genannten Summen, seien im Blick auf ca. 1700 somatische Kliniken in Deutschland, nur „der bekannte Tropfen auf den heißen Stein“.

Problem DRG-Vergütung

Für Klinik-Kompetenz-Bayern liegt die finanzielle Not nur an der unzureichenden Finanzierung der Betriebskosten, also jenem Betrag, welcher der Bund aufbringen müsste. Die DRG-Vergütung 2 mit ihren Fallpauschalen würde die Finanzierung der Kliniken nicht sicherstellen.

Die DRG-Vergütung steht seit Langem im Zentrum hitziger Debatten im Gesundheitswesen. Kritiker bemängeln vorwiegend ihre Ungerechtigkeit. Einer der Hauptkritikpunkte ist die pauschale Vergütung nach Krankheitsbildern, die die individuelle Behandlungssituation und -komplexität eines jeden Patienten vernachlässigt, etwa das Alter oder die Komorbidität. Dies kann dazu führen, dass Krankenhäuser dazu animiert werden, Patienten schneller zu entlassen oder weniger aufwendige Behandlungsmethoden zu wählen, um Kosten zu senken. Dies steht im Widerspruch zum eigentlichen Ziel einer bedarfsgerechten und qualitativ hochwertigen Gesundheitsversorgung. Zudem werden bestimmte Leistungen möglicherweise nicht angemessen vergütet, was zu finanziellen Engpässen bei den Krankenhäusern führt und die Qualität der Versorgung gefährdet.

Transformationsfond „ein guter Anfang aber längst nicht ausreichend“

Das Transparenzgesetz bzw. die Eckpunkte für eine Krankenhausreform, welche das Gesundheitsministerium ins Spiel brachten, sorgt innerhalb der KKB ebenso für Kritik.
Konkret sind wir der Meinung, dass die 50 Mrd. für den Transformationsfond ein guter Anfang aber längst nicht ausreichend sind; bereits im März 2023 hat die KKB 100 Mrd. € als Transformationsfond gefordert und wir halten diesen Wert weiterhin für notwendig und realistisch. Betrachtet man das Beispiel Dänemark, welches der Bundespolitik oft als Vorbild dient, ging man dort von ca. 1.000 EUR pro Einwohner aus für die Transformation der Kliniklandschaft, was aber am Ende wohl nicht reichen wird.“

Laut KKB sind die Finanzhilfen im Rahmen des Transparenzgesetzes ohnehin Zahlungen, welche den Kliniken bereits zustehen würden. Am Ende würde eine „Verbesserung der wirtschaftlichen Lage am Ende des Jahres und eine Reduzierung von Defiziten“ damit nicht eintreten. „Es handelt sich lediglich um vorgezogene Liquidität, die insbesondere die Kliniken begünstigt, die mit den Kostenträgern für die Vorjahre noch keine Budgetvereinbarungen schließen konnten. Das trifft für Bayern in überwiegendem Maße nicht zu, so dass der Effekt für unsere KKB-Kliniken unterdurchschnittlich positiv ausfällt.“

Krankenhausreform sei notwendig

Eine Krankenhausreform lehnt man bei dem Verbund nicht ab, sondern sieht ebenso eine Notwendigkeit. Die aktuellen Pläne würden „für die Kliniken weder eine finanzielle Entlastung noch eine Entkopplung von der Fallzahlentwicklung“ bringen. „Das schlichte Ummünzen von 40% der DRG-Bestandteilen zu Vorhaltepauschalen, die aber wieder nach erbrachten Fällen bemessen werden, bringt keine Verbesserung der wirtschaftlichen Situation der Kliniken.“ Nach Auffassung des Verbundes „wird der wirtschaftliche Druck und der Wettbewerb weiter steigen“.

Vorhaltungsvergütung „von den erbrachten Fallzahlen abhängig“

Die Vorhaltevergütung sei weiterhin von „von den erbrachten Fallzahlen abhängig“, zumindest mittelfristig. Durch die Regelungen gebe es nur eine Planungssicherheit „für jeweils drei Jahre, aber die Vorhaltestrukturen die finanziert werden müssen sind langfristige Investitionen in medizinische Ausstattung, Gebäude und natürlich auch langfristige (unbefristete) Arbeitsverträge mit dem medizinischen Personal.“

„Der anfängliche Gedanke und Sinn hinter einer Vorhaltepauschale sollte eigentlich sein, Fallzahl-unabhängig eine auskömmliche Vergütung für die fallzahlunabhängigen Kosten zu bekommen; dies sieht der aktuelle Entwurf der Krankenhausreform jedoch nicht vor. Aus unserer Sicht kommt somit kein neues Geld ins System und der Wettbewerb um die ‚Ware Patient‘ wird auch nicht beendet, sondern weiter befeuert.“

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Von Steven Oberstein

Steven Oberstein oder auch besser bekannt unter dem Pseudonym OBIausHV ist freier Journalist und beschäftigt sich in letzter Zeit vor allem mit der Corona-Pandemie, ansonsten schreibt er über folgende Themen: Medienkritik, Gesundheit/Medizin (Coronavirus, Anthroposophie, Homöopathie), Politik und Technik.

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