Der Fall um die neun IDF-Soldaten, die beschuldigt werden, einen palästinensischen Gefangenen in der Haftanstalt Sde Teiman schwer misshandelt und sexuell missbraucht zu haben, sorgt in Israel weiterhin für große Aufregung. Innerhalb der Regierung haben sich die Spannungen deutlich verschärft.
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Die rechtsextreme Rechtshilfeorganisation Honenu, die drei der beschuldigten Soldaten vertritt, behauptet, dass der Vorfall damit begann, dass der Gefangene versuchte, während einer Durchsuchung einem der Soldaten eine Taser-Waffe zu entreißen. Sie erklären, er solle dabei einen der Soldaten leicht verletzt haben. Honenu betonte die Entschlossenheit der Soldaten, die nach eigenen Angaben den Gefangenen überwältigten und dadurch weitere Gefahren abwenden konnten. Ungeklärt bleibt jedoch, wie es zu den schweren Verletzungen des Gefangenen am Rektum kam, die zu Vorwürfen von Vergewaltigung und schwerer Körperverletzung gegen die Soldaten führten. Die Organisation ging in ihrer Erklärung nicht weiter darauf ein.
Vorfälle mit politischem Sprengstoff
Die Vorfälle haben bereits gestern eine politische Dimension erreicht. Nach Bekanntwerden der Anschuldigungen und der Verhaftung der Soldaten stürmten rechtsextreme Aktivisten und Politiker zwei IDF-Stützpunkte, um gegen die Festnahme zu protestieren. Zu den Protestierenden gehörten hochrangige Politiker wie Amichay Eliyahu, Minister für Kulturerbe aus der Partei Otzma Yehudit, und der Knesset-Abgeordnete Zvi Sukkot vom Religiösen Zionismus. Diese Gruppe wurde begleitet von Demonstranten, die sich gegen die Festnahme der Soldaten wandten und ihre Unterstützung für die Beschuldigten bekundeten.
Die Proteste und besonnders das Eindringen in die Militärstützpunkte haben eine breite politische Debatte ausgelöst. Oppositionsführer Yair Lapid kritisierte die Aktionen scharf und bezeichnete sie als beispiellose Bedrohung für die israelische Demokratie. Er forderte den Sprecher der Knesset, Amir Ohana, auf, eine Sonderplenarsitzung einzuberufen, um das Thema zu diskutieren. Lapid warnte davor, dass Israel am Rande eines Abgrunds stehe, und betonte, dass die Einbrüche in die Stützpunkte, an denen sogar Mitglieder der Knesset und Minister beteiligt waren, eine rote Linie überschritten hätten.
Kontroversen innerhalb der Regierung
Auch innerhalb der Regierung gab es heftige Auseinandersetzungen. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu verurteilte das Eindringen, betonte aber gleichzeitig, dass es eine selektive Durchsetzung von Gesetzen gebe. Er zog einen Vergleich zu den Blockaden von Autobahnen durch regierungskritische Demonstranten, was weitere Spannungen innerhalb des Kabinetts auslöste. Die Ministerin für soziale Gleichstellung, May Golan (Likud), verteidigte die Demonstranten, während Innenminister Moshe Arbel (Shas) und der Minister für Diaspora-Angelegenheiten, Amichai Chikli (Likud), betonten, dass die Aktionen der rechtsextremen Demonstranten inakzeptabel seien und die Sicherheit der IDF gefährden könnten.
Der Oberste Gerichtshof Israels hat für den 7. August eine zweite Anhörung zu einer Petition angesetzt, die die Schließung der Haftanstalt Sde Teiman fordert. Diese Petition, die von mehreren Menschenrechtsorganisationen unterstützt wird, erhebt schwerwiegende Vorwürfe wegen Misshandlung und Folter palästinensischer Gefangener in der Einrichtung. Das Gericht hat zudem eine einstweilige Anordnung erlassen, die von der Regierung verlangt, darzulegen, warum die Haftanstalt trotz der Vorwürfe nicht geschlossen werden sollte.
Fazit: Ein Land im Spannungsfeld
Die Entwicklungen in diesem Fall spiegeln die tiefen politischen und gesellschaftlichen Spannungen in Israel wider. Während einige Teile der Gesellschaft die Soldaten als Helden betrachten, die unter schwierigen Bedingungen handeln, sehen andere in den Vorfällen eine ernste Bedrohung für die Rechtsstaatlichkeit und die moralischen Standards des Landes. Die kommenden Wochen dürften entscheidend sein, sowohl für die betroffenen Soldaten als auch für die politische Landschaft in Israel. Einige Politiker beabsichtigen diese Spannungen auszunutzen, um die umstrittene Justizreform weiter vorantreiben zu können.
Quellen:
Eigene Recherchen
Einige Informationen haben wir von lokalen Kontakten, öffentlichen Stellen oder Pressekontakten.