Das Bild zeigt eine Nahaufnahme von zwei Händen, die mit einem gelben Briefkasten interagieren. Eine Hand steckt einen Umschlag in den geöffneten Schlitz des Briefkastens. Postrecht Symbolbild

Das lange erwartete Postrechtsmodernisierungsgesetz wurde heute vom Bundesrat gebilligt, womit eine grundlegende Überarbeitung des Postrechts erstmals seit über 25 Jahren in Kraft treten kann.

Unter der Führung von Bundesminister Robert Habeck für Wirtschaft und Klimaschutz zielt das neue Gesetz darauf ab, den Postsektor fit für das 21. Jahrhundert zu machen und gleichzeitig drängende Herausforderungen anzugehen. „Wir sichern eine erschwingliche Versorgung mit Briefen und Paketen in Stadt und Land, selbst in Zeiten rückläufiger Briefmengen“, betonte Habeck. Besonders wichtig sei es, ökologisch nachhaltige Postdienstleistungen zu fördern und Nachtflüge überflüssig zu machen. Zudem werde der Fokus auf die Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Paketzusteller gelegt, durch spezielle Vorgaben zur Zustellung schwerer Pakete und neue Instrumente für gute Arbeitsbedingungen im gesamten Sektor.

Längere Laufzeiten für Post

Ein zentraler Bestandteil der Gesetzesnovelle ist die Flexibilisierung der Laufzeiten für Briefsendungen, um deutlichen Preiserhöhungen entgegenzuwirken, wie sie bereits in anderen europäischen Ländern üblich sind. Dabei wird sichergestellt, dass Briefe spätestens nach vier Tagen zugestellt werden und die Zustellung weiterhin an sechs Werktagen pro Woche erfolgt.

Um sicherzustellen, dass die gesetzlichen Vorgaben flächendeckend umgesetzt werden, wird die Bundesnetzagentur mit erweiterten Durchsetzungsbefugnissen ausgestattet. Diese kann künftig konkrete Anordnungen treffen und wirksame Bußgelder verhängen, insbesondere im Hinblick auf den Betrieb von Postfilialen.

Arbeitsbedingungen im Postsektor sollen durch ein neues Marktzugangsverfahren und verstärkte Überprüfungen durch die Bundesnetzagentur besser kontrolliert werden. Auftraggeber, die Subunternehmen zur Erbringung von Postdienstleistungen einsetzen, müssen diese künftig regelmäßig nach den gesetzlichen Vorgaben überprüfen.

Kritik am neuen Postrecht

Ver.di äußert Enttäuschung über Entscheidungen des Bundesrates

Ver.di kritisiert die Beschlüsse des Bundesrates zum heute (5. Juli 2024) gebilligten Postgesetz. „Dass der Bundesrat weder ein Verbot von Subunternehmen in der Paketbranche noch die 20-Kilo-Grenze für Pakete in der Ein-Personen-Zustellung fordert, ist enttäuschend“, sagte Andrea Kocsis, stellvertretende ver.di-Vorsitzende.

Zur direkten Entlastung der Paketzusteller müssen Pakete ab einem Gewicht von 10 Kilogramm deutlich gekennzeichnet werden. Pakete über 20 Kilogramm dürfen nur noch von zwei Personen zugestellt werden, es sei denn, es steht geeignetes technisches Hilfsmittel zur Verfügung.

Weiter sagte Kocsis: „Jetzt ist der Bundesarbeitsminister am Zug. Er muss in der entsprechenden Verordnung festlegen, dass beispielsweise eine Sackkarre kein geeignetes Hilfsmittel ist, um Pakete mit mehr als 20 Kilogramm Gewicht in der Ein-Personen-Zustellung zu befördern.“

Auswirkungen der Flexibilisierung der Laufzeiten

Trotz der positiven Absichten des Postrechtsmodernisierungsgesetzes gibt es auch Kritikpunkte. Einige Beobachter bemängeln, dass die Flexibilisierung der Laufzeiten für Briefsendungen zulasten der Verbraucher gehen könnte, da möglicherweise längere Zustellzeiten und damit verbundene Unsicherheiten entstehen könnten. Zudem wird die verstärkte Regulierung und Kontrolle durch die Bundesnetzagentur als bürokratisch und potenziell kostenintensiv angesehen, was sich negativ auf kleinere Anbieter im Postsektor auswirken könnte.

Kritiker fordern außerdem mehr konkrete Maßnahmen zur Sicherung fairer Arbeitsbedingungen für Paketzusteller und eine stärkere Berücksichtigung sozialer Aspekte im Gesetz. Weiter wird bemängelt, dass das Gesetz nicht ausreichend strenge Maßnahmen vorsieht, um die Preise für Verbraucherinnen und Verbraucher zu stabilisieren oder sogar zu senken. Stattdessen befürchten sie, dass die neuen Regelungen zu höheren Gebühren und Kosten führen könnten, insbesondere für Endkunden, die auf Postdienste angewiesen sind.

Schließlich gibt es Bedenken hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und der Rechte der Beschäftigten in der Postbranche. Einige Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen kritisieren, dass das neue Gesetz keine ausreichenden Schutzmaßnahmen für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer enthält und dass es zu einer Verschlechterung der Arbeitsbedingungen führen könnte, vorwiegend in Bezug auf Löhne, Arbeitszeiten und Sicherheit am Arbeitsplatz.

Wie sind die Lieferzeiten geregelt?

Briefe könnten länger dauern. Aktuell müssen mindestens 80 % der eingeworfenen Briefe am nächsten Werktag beim Empfänger sein. Mit der Gesetzesnovelle wird dieser Zeitdruck gelockert. Erst am dritten Werktag nach Einwurf gibt es einen Pflichtwert von 95 %, und am vierten Werktag sollen es 99 % sein.

Trotz dieser Bedenken wird das Postrechtsmodernisierungsgesetz nach der heutigen Zustimmung des Bundesrates in den nächsten Wochen in Kraft treten und eine umfassende Reform im deutschen Postsektor einleiten.

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