Das Bild zeigt den Landtag von Thüringen. Symbolbild Politisches Tauziehen im Thüringer Landtag - Erste Sitzung mit Konflikten und Unterbrechungen

In Erfurt hat der neu gewählte Thüringer Landtag seine bislang nicht einmal wirklich Arbeit aufgenommen, denn die erste Sitzung stand von Anfang an unter dem Zeichen tiefer politischer Gräben. Unter der Leitung des AfD-Abgeordneten Jürgen Treutler, der als Alterspräsident fungierte, geriet der Versuch, die Parlamentsspitze zu wählen, zu einem schwierigen und kontroversen Auftakt. Schon die Festlegung der Tagesordnung führt zu Spannungen – die Sitzung wurde innerhalb von drei Stunden sechsmal unterbrochen. Nun wird das Landesverfassungsgericht des Freistaats über den Fortgang entscheiden.

AfD dominiert den Thüringer Landtag

Hintergrund der Auseinandersetzungen ist die neue politische Konstellation im Thüringer Landtag. Die AfD stellt nach der Wahl erstmals die stärkste Fraktion in einem deutschen Landesparlament. Gemäß der bisherigen Geschäftsordnung hat die stärkste Fraktion das Vorschlagsrecht für den Landtagspräsidenten, doch die anderen Parteien – CDU, BSW, Linke und SPD – stemmen sich gegen einen AfD-Kandidaten auf den Spitzenposten. Die CDU und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) versuchten, eine Änderung der Geschäftsordnung zu erreichen, um auch anderen Fraktionen die Möglichkeit zu geben, eigene Kandidaten vorzuschlagen.

Dafür wäre jedoch eine Abstimmung notwendig, die der Alterspräsident Treutler bisher nicht auf die Tagesordnung setzen will. Der AfD-Abgeordnete ignorierte mehrmals den Antrag der CDU, die Beschlussfähigkeit des Parlaments festzustellen, was die Sitzung immer wieder lahmlegte.

Die CDU nominierte ihren Abgeordneten Thadäus König als Kandidaten für die Wahl des Landtagspräsidenten. Die AfD hatte die Änderung der Geschäftsordnung bereits im Vorfeld abgelehnt – so kam es schon im Vorfeld zum Schlagabtausch. Von Seiten der AfD argumentiert, dass eine Änderung der Geschäftsordnung mitten in der Konstituierung gegen demokratische Grundsätze verstoße und nur dazu diene, die stärkste Fraktion ihres legitimen Rechts zu berauben.

Empörung über Treutlers Auftreten

Die Rede des Alterspräsidenten Jürgen Treutler sorgte für Empörung bei den anderen Fraktionen. Treutler betonte, dass der Anspruch der AfD auf das Amt des Landtagspräsidenten der gängigen parlamentarischen Praxis entspräche. Die Ablehnung dieses Anspruchs sei eine Untergrabung der Demokratie. Der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, Andreas Bühl, kritisierte dieses Vorgehen scharf: „Was Sie hier betreiben, ist Machtergreifung.“ Auch die SPD-Abgeordnete Cornelia Klisch verurteilte Treutlers Vorgehen als Behinderung der demokratischen Prozesse: „Wir möchten Parlament werden.“

Katja Wolf, Fraktionsvorsitzende der BSW, fand deutliche Worte: „Es ist eine Katastrophe, wie die AfD die Demokratie am Nasenring durch die Manege treibt.“ Auch Thüringens geschäftsführender Innenminister Georg Maier (SPD) sah in Treutlers Verhalten eine gezielte Taktik der AfD, die Demokratie „von innen aus“ anzugreifen.

AfD unter Druck: Wahl der Landtagspräsidentin ungewiss

Die AfD hatte die Abgeordnete Wiebke Muhsal als Kandidatin für das Amt der Landtagspräsidentin nominiert. Muhsal war in der Vergangenheit aufgrund einer Verurteilung wegen Betrugs in die Schlagzeilen geraten. Die anderen Fraktionen lehnen jedoch einen AfD-Politiker in dieser zentralen Position strikt ab und setzen alles daran, dies durch eine Änderung der Geschäftsordnung zu verhindern. Ziel ist es, bereits im ersten Wahlgang Kandidaten aus allen Fraktionen aufstellen zu können, anstatt der stärksten Fraktion den Vorrang zu lassen. Die AfD hat diese Änderung vehement abgelehnt, und so entfaltete sich schon im Vorfeld ein scharfer Schlagabtausch.

CDU ruft Verfassungsgericht an

Die erste Sitzung des Thüringer Parlaments endete heute mit einem überraschenden Verlauf, den selbst die größten Kritiker der AfD so nicht erwartet hätten. Nach einer Beratung mit den parlamentarischen Geschäftsführern fordert Treutler Andreas Bühl (CDU) auf, das Rednerpult zu betreten. Bühl betont: „Wir haben die Pflicht, die Demokratie zu erhalten.“ Am Ende wird das Landesverfassungsgericht entscheiden, wie es weitergeht. Andreas Bühl, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU, kritisierte, dass der Alterspräsident die Rechte der Abgeordneten eingeschränkt habe – eine Meinung, der vermutlich alle Parteien außer der AfD zustimmen werden.

In seiner Rede kündigte Bühl an, das Verfassungsgericht anzurufen. Dieses soll klären, ob das Vorgehen des Alterspräsidenten gerechtfertigt war oder ob die Mehrheit der Abgeordneten korrekt liegt, indem sie das Parlament vor der Wahl eines Landtagspräsidenten die Geschäftsordnung ändern möchte. Interessant ist, dass die AfD auf Bundesebene selbst die Änderung der Geschäftsordnung vorab beantragte, sich in Thüringen jedoch gegen eine solche Vorgehensweise wehrte.

Fazit: Ein schwieriger Start in eine ungewisse Legislaturperiode

Die AfD zeigt in Thüringen eine tiefe Missachtung für die Demokratie und die Selbstverwaltung des Parlaments. Wie bereits durch die Rechtsprechung geklärt wurde, sind Abgeordnete nicht dazu verpflichtet, einem Vorschlag zuzustimmen. Wie für die Ausschussvorsitzenden im Bundestag gilt auch im Thüringer Landtag die Gewissensfreiheit des jeweiligen Abgeordneten. Es half auch nichts, dass die Landtagsverwaltung dem Alterspräsidenten auf die Unrechtmäßigkeit seines Vorgehens hinwies.

Was die AfD und der Alterspräsident hier offenbaren, ist pure Verachtung für die Demokratie und ihre Wähler:innen. Sie missbrauchen das Plenum als Geisel und sabotieren bewusst den demokratisch gewählten Landtag. Treutler ist Teil eines destruktiven Spiels.

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Kurz & Bündig

Was war der Hauptkonflikt in der ersten Sitzung des Thüringer Landtags?

Der Hauptkonflikt drehte sich um die Frage, ob die AfD das Recht hat, den Landtagspräsidenten zu stellen. Die anderen Fraktionen lehnten dies ab und forderten eine Änderung der Geschäftsordnung.

Warum gab es so viele Unterbrechungen während der Sitzung?

Die Sitzung wurde mehrfach unterbrochen, da der AfD-Alterspräsident Anträge der anderen Fraktionen ignorierte und sich weigerte, die Beschlussfähigkeit des Parlaments festzustellen.

Wer wurde von der AfD für das Amt des Landtagspräsidenten nominiert?

Die AfD nominierte Wiebke Muhsal als Kandidatin für das Amt der Landtagspräsidentin. Ihre Nominierung ist umstritten, da sie in der Vergangenheit wegen Betrugs verurteilt wurde.

Welche Parteien lehnen eine AfD-Landtagspräsidentschaft ab?

Alle anderen Fraktionen – CDU, SPD, Linke und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) – lehnen einen AfD-Politiker in dieser Position strikt ab.

Wird die Geschäftsordnung des Thüringer Landtags geändert?

Es gibt Bestrebungen seitens der CDU und BSW, die Geschäftsordnung zu ändern, um auch anderen Fraktionen das Vorschlagsrecht für den Landtagspräsidenten zu geben. Die AfD lehnt diese Änderung ab. Der Alterspräsident verhinderte eine Abstimmung.

Quellen:
Eigene Recherchen
Sitzung Landtag Thüringen

Von Steven Oberstein

Steven Oberstein oder auch besser bekannt unter dem Pseudonym OBIausHV ist freier Journalist und beschäftigt sich in letzter Zeit vor allem mit der Corona-Pandemie, ansonsten schreibt er über folgende Themen: Medienkritik, Gesundheit/Medizin (Coronavirus, Anthroposophie, Homöopathie), Politik und Technik.

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