Das Berliner Kammergericht hat entschieden, dass die Berliner Sparkasse ohne ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden keine einseitigen Gebührenerhöhungen für Girokonten vornehmen durfte. Diese wegweisende Entscheidung erging am 27. März 2024 nach einer Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv) und betrifft ein breites Spektrum von Bankkunden in Deutschland.
Allerdings ist das Urteil bislang nicht rechtskräftig.
Hintergrund des Sparkassen-Urteils
In den vergangenen Jahren haben viele Banken und Sparkassen Gebühren für ihre Dienstleistungen erhöht, ohne die explizite Zustimmung ihrer Kunden einzuholen. Diese Praxis wurde nun durch das Berliner Kammergericht als unrechtmäßig erklärt. Die Berliner Sparkasse hatte etwa Ende 2016 einseitig die monatlichen Gebühren für bestimmte Kontomodelle erhöht, ohne die Kunden aktiv um ihre Zustimmung zu bitten.
Reaktion des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv)
Sebastian Reiling, Referent im Team Musterfeststellungsklagen des vzbv, betonte die Bedeutung des Urteils: „Ohne die Zustimmung der Kund:innen durfte die Berliner Sparkasse Gebühren weder neu einführen noch erhöhen. […] Kund:innen der Sparkasse können Konto-Entgelte zurückfordern, denen sie nicht zugestimmt haben.“1 Der vzbv hatte eine Musterfeststellungsklage gegen die Berliner Sparkasse eingereicht, an der sich knapp 1.200 Kund:innen beteiligten.
Signalwirkung des Urteils
Das Urteil des Berliner Kammergerichts hat weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Bankenlandschaft in Deutschland, sobald es rechtskräftig geworden ist. Es bestätigt die bereits früher ergangene Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Jahr 2021, wonach Banken die ausdrückliche Zustimmung ihrer Kunden für Gebührenerhöhungen einholen müssen. Dieses Prinzip wird das aktuelle Urteil gestärkt. Sollte es rechtskräftig werden, dürfte es Auswirkungen für weitere Banken und Sparkassen haben.
Konsequenzen für Bankkunden
Bankkunden könnten nach im Krafttreten des Urteils, die zu viel gezahlte Gebühren von ihrer Bank zurückfordern. Kunden, die von einseitigen Gebührenerhöhungen betroffen sind, haben grundsätzlich Anspruch auf Rückerstattung der zusätzlichen Beträge, die seit dem Jahr 2018 erhoben wurden. Ferner könnten sie auch andere Vertragsänderungen, denen sie nicht aktiv zugestimmt haben, rückgängig machen lassen.
Verjährungsfrist und weitere Schritte
Für eventuelle Rückforderungen gilt eine Verjährungsfrist, deren genaue Dauer bisher nicht abschließend geklärt ist. Der vzbv ist überzeugt, dass Ansprüche erst nach mehr als zehn Jahren verjähren sollten. Kunden können jedoch sicher Rückforderungen für die letzten drei Jahre geltend machen. Um unrechtmäßig erhobene Bankgebühren zurückzufordern, empfiehlt der vzbv, sich an die Bank zu wenden und gegebenenfalls rechtliche Schritte einzuleiten.
Angenommen, Sie haben im Jahr 2015 ein gebührenfreies Konto eröffnet. Ab Mai 2017 wurden Ihre Kontogebühren auf sechs Euro erhöht. Im Februar 2020 erhöhte die Bank die Gebühren dann noch einmal auf zwölf Euro.
In diesem Szenario können Sie mindestens die Gebühren zurückfordern, die ab dem 1. Januar 2018 erhoben wurden:
- 1. Januar 2018 bis 31. Januar 2020 = 25 Monate x 6 € = 150 €
- 1. Februar 2020 bis 29. Februar 2024 = 60 Monate x 12 € = 720 €
Die Verbraucherzentrale empfiehlt, um festzustellen, ob auch Ihre Bank oder Sparkasse in den vergangenen Jahren die Gebühren erhöht hat, einen Blick in Ihre Unterlagen zu werfen. Dabei sollten Sie folgende Punkte prüfen:
- Ihre jährlichen Kontoführungsgebühren der letzten Jahre,
- die Entgelte für Ein- und Auszahlungen,
- die Gebühren für Kontoauszüge,
- die Kosten für das SMS-TAN-Verfahren.
Falls Ihnen nicht bekannt ist, welche Gebühren Ihre Bank von Ihnen verlangt hat, können Sie eine sogenannte Entgeltaufstellung beantragen. Hierbei können Sie sich auf § 10 des Zahlungskontengesetzes (ZKG) berufen. Gemäß diesem Gesetz ist die Bank verpflichtet, dies „mindestens jährlich“ sowie bei Vertragsbeendigung eine Entgeltaufstellung zur Verfügung zu stellen. Diese Verpflichtung gilt bereits seit dem Jahr 2018.
Ausblick
Das Urteil des Berliner Kammergerichts markiert einen wichtigen Meilenstein im Kampf um Verbraucherrechte im Bankensektor. Es sendet ein klares Signal an Banken und Sparkassen, dass einseitige Gebührenerhöhungen ohne ausdrückliche Zustimmung der Kunden inakzeptabel sind. Die Entscheidung hat das Potenzial, die Beziehungen zwischen Banken und ihren Kunden grundlegend zu verändern und die Transparenz im Bereich der Bankgebühren zu erhöhen.
Quellen:
Urteil: Berliner Sparkasse hat Gebühren zu Unrecht angehoben | Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv.de)
Unzulässige Vertragsänderungen: So können Sie Bankgebühren zurückfordern | Verbraucherzentrale.de
- „Ohne die Zustimmung der Kund:innen durfte die Berliner Sparkasse Gebühren weder neu einführen noch erhöhen. Das hat das Kammergericht Berlin mit seinem Urteil bestätigt. Kund:innen der Sparkasse können Konto-Entgelte zurückfordern, denen sie nicht zugestimmt haben. Den an Musterfeststellungsklage beteiligten Kund:innen stehen laut Urteil Rückerstattungen von Beträgen zu, die sie seit dem Jahr 2018 zusätzlich an die Sparkasse zahlen mussten“, sagt Sebastian Reiling, Referent im Team Musterfeststellungsklagen des vzbv.[↩]