Ab Montag, dem 30. September 2024, müssen sich viele Berliner Eltern auf einen harten Einschnitt im Alltag einstellen: In den kommunalen Kindertagesstätten der Hauptstadt beginnt ein unbefristeter Streik. Die Gewerkschaft ver.di ruft die Erzieherinnen und Erzieher zum Arbeitskampf auf, nachdem die Verhandlungen über bessere Arbeitsbedingungen gescheitert sind. Der Senat bleibt hart, verweist auf begrenzte Handlungsmöglichkeiten und sieht sich in der Verantwortung, den Forderungen der Gewerkschaften nicht nachzugeben. Der Konflikt betrifft insbesondere Eltern und Kinder, die ab nächster Woche womöglich ohne Betreuung dastehen.
Forderungen und Verhandlungen ohne Erfolg
Im Zentrum des Streits stehen die Arbeitsbedingungen in den rund 10 Prozent der Berliner Kitas, die als kommunale Eigenbetriebe organisiert sind. Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) fordert hier verbindliche Entlastungsregelungen für die rund 7.000 Erzieherinnen und Erzieher, die etwa 35.000 Kinder betreuen. Zentral ist dabei die Forderung nach einem Betreuungsschlüssel, der klar festlegt, wie viele Kinder pro Erzieher zulässig sind. Dies sei, so die Gewerkschaft, für die Gesundheit und Arbeitsbelastung der Beschäftigten entscheidend.
Der Berliner Senat hingegen verweist auf seine Mitgliedschaft in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), die Einzelverhandlungen eines Bundeslandes zur Personalbemessung ablehnt. Der Berliner Finanzsenator Stefan Evers (CDU) betonte wiederholt, dass der Senat rechtlich nicht in der Lage sei, den Forderungen von ver.di nachzukommen. Damit ist die Situation festgefahren: Eine Einigung scheint in weiter Ferne.
ver.di setzt auf das “Kieler Modell”
Ver.di sieht dennoch eine mögliche Lösung in Form einer Entlastungsvereinbarung, ähnlich wie im „Kieler Modell“, das in Schleswig-Holstein im Einsatz ist. Dabei wird eine Mindestbesetzung pro Schicht festgelegt, und wenn diese nicht eingehalten wird, erhalten die verbliebenen Mitarbeitenden bezahlte freie Tage als Ausgleich. Für ver.di wäre dies ein wichtiger Schritt, um die Belastung der Erzieher zu mindern, ohne dass der Senat gegen die Vorgaben der TdL verstößt.
Allerdings zeigte sich der Senat bislang auch für diesen Vorschlag nicht offen. Für die Bildungsverwaltung kam es am Mittwoch zu keiner Einigung, was die Notbetreuung während des Streiks angeht. Eltern könnten daher in der kommenden Woche komplett ohne Betreuungsangebote dastehen.
Kritik und Belastung der Eltern
„Mit seiner unkonstruktiven Haltung provoziert der Senat den Streik und trägt damit die Verantwortung für die Belastung der Eltern und Kinder“, erklärt die ver.di Landesbezirksleiterin für Berlin-Brandenburg Andrea Kühnemann. Kritische Stimmen gegenüber den Forderungen der Gewerkschaft kommen von Guido Lange, Vorsitzender des Landeselternausschusses Kita, dieser äußerte sich gegenüber dem rbb skeptisch. Seiner Ansicht nach seien viele der Forderungen von ver.di nicht umsetzbar, insbesondere, weil sie nicht tarifrechtlich, sondern gesetzlich geregelt werden müssten. Er verwies zudem darauf, dass die Personalschlüssel in Berlin schon jetzt fast den empfohlenen Standards entsprechen würden.
Besonders in den Krippen gebe es jedoch Handlungsbedarf: Hier betreut ein Erzieher im Durchschnitt fünf Kinder, während Experten ein Verhältnis von 1:3 als optimal erachten. Dennoch betonte Lange, dass es aufgrund des allgemeinen Fachkräftemangels unmöglich sei, den Personalschlüssel kurzfristig zu verbessern.
Konsequenzen für Eltern und Kinder
Ohne Einigung in Sicht stehen viele Berliner Familien nun vor einer großen Herausforderung. Vor allem berufstätige Eltern müssen sich Alternativen zur Kinderbetreuung überlegen, da eine Notbetreuung nur eingeschränkt angeboten wird. In den vergangenen Streiks hatten sich bis zu 3.000 Beschäftigte beteiligt. Dieses Mal könnte die Zahl noch höher ausfallen, da der Streik unbefristet angekündigt ist.
Für viele Eltern bedeutet dies nicht nur organisatorischen Aufwand, sondern auch finanzielle Belastungen, falls sie gezwungen sind, unbezahlten Urlaub zu nehmen oder auf externe Betreuung zurückzugreifen. Die kommende Woche dürfte somit für viele Berliner Familien zu einer Belastungsprobe werden, die nicht absehbar ist.
Fazit: Der Kita-Streik in Berlin entwickelt sich zu einem harten Machtkampf zwischen Gewerkschaften und dem Senat. Während ver.di auf Entlastung pocht, bleibt der Senat bei seiner Linie und verweist auf angebliche rechtliche Hindernisse. Leidtragende sind in erster Linie die Familien, die in den nächsten Tagen auf Lösungen hoffen müssen.
Kurz & Bündig
Wie lange wird der Kita-Streik in Berlin dauern?
Der Streik wurde von ver.di als unbefristet angekündigt. Es gibt derzeit keine Anzeichen für eine baldige Einigung zwischen der Gewerkschaft und dem Senat.
Gibt es eine Notbetreuung während des Streiks?
Eine Notbetreuung wird nur eingeschränkt angeboten. Eltern müssen sich auf erhebliche Engpässe einstellen.
Was sind die Hauptforderungen von ver.di?
Ver.di fordert bessere Arbeitsbedingungen für Erzieher, insbesondere durch die Einführung eines festen Betreuungsschlüssels, der die maximale Anzahl von Kindern pro Erzieher festlegt.
Wie viele Kitas sind vom Streik betroffen?
Etwa 10 Prozent der Berliner Kitas, die als kommunale Eigenbetriebe organisiert sind, sind direkt vom Streik betroffen. Dies betrifft rund 35.000 Kinder.
Wer ist für die Situation verantwortlich?
Ver.di macht den Berliner Senat für die festgefahrene Situation verantwortlich. Der Senat hingegen verweist auf rechtliche Beschränkungen und seine Mitgliedschaft in der Tarifgemeinschaft deutscher Länder.
Gibt es eine Lösung für den Streik?
Eine mögliche Lösung könnte das „Kieler Modell“ sein, das in Schleswig-Holstein bereits angewendet wird. Der Senat hat jedoch bisher keine Bereitschaft gezeigt, sich auf dieses Modell einzulassen.
Quelle:
Eigene Recherche
rbb Abendschau vom 25.09.204
ver.di – Senat verweigert Verhandlungen zu verbindlichen Maßnahmen für pädagogische Qualität und Entlastung in den Kita-Eigenbetrieben. Er trägt Verantwortung für Erzwingungsstreik ab 30. September. | Landesbezirk Berlin-Brandenburg (verdi.de)
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