Das Bild zeigt drei Personen, die nebeneinander stehen. Jede Person trägt ein T-Shirt in einer anderen Farbe: Weiß, Orange und Blau. Auf der Brust jedes T-Shirts befindet sich ein rotes Schleifensymbol, das allgemein als Symbol für HIV/AIDS-Bewusstsein bekannt ist. Die Personen sind von den Schultern abwärts zu sehen, sodass ihre Gesichter nicht sichtbar sind. AIDS Symbolbild

München wird ab heute zum Mittelpunkt des globalen Kampfes gegen HIV und Aids, wenn die Welt-Aids-Konferenz nach über 30 Jahren erstmals wieder in Deutschland stattfindet. Organisiert von der International AIDS Society (IAS), versammelt die Konferenz etwa 15.000 Teilnehmende aus aller Welt.

HIV-Situation in Deutschland und weltweit

Während sich die HIV-Situation in Deutschland vergleichsweise stabilisiert hat, bleibt die Krankheit weltweit eine große Herausforderung. Im vergangenen Jahr infizierten sich etwa 2.200 Menschen in Deutschland neu mit HIV. Diese Zahl ist im internationalen Vergleich niedrig und die Behandlungsmöglichkeiten hierzulande sind gut, sodass kaum noch jemand an Aids stirbt. Laut dem Robert Koch-Institut (RKI) leben in Deutschland 96.700 Menschen mit HIV.

Die globalen Zahlen sind jedoch besorgniserregend: Laut dem Aids-Büro der Vereinten Nationen starben im Jahr 2023 über eine halbe Million Menschen an den Folgen von Aids. Weltweit sind 39,9 Millionen Menschen mit HIV infiziert, wobei der größte Teil dieser Infektionen bei Erwachsenen auftritt. Lediglich 1,4 Millionen der Infizierten sind Kinder und Jugendliche unter 15 Jahren. Besonders betroffen sind inzwischen Frauen und Mädchen, die 53 Prozent der Infizierten ausmachen. Obwohl die Zahl der Neuinfektionen seit dem Höchststand von 1995 zurückgegangen ist, bleibt die Zahl der neuen Infektionen im Jahr 2023 mit 1,3 Millionen nach wie vor hoch, wenn auch geringer als die 3,3 Millionen Neuinfektionen im Jahr 1995.

Im Jahr 2023 verstarb jede Minute ein Mensch an den Folgen von HIV. Die Zahl der AIDS-bedingten Todesfälle ist seit dem Höchststand im Jahr 2004 um 69 % und seit 2010 um 51 % gesenkt worden. Das Ziel für 2025 ist, die Zahl der AIDS-bedingten Todesfälle auf weniger als 250.000 zu reduzieren. Seit 2010 ist die Sterblichkeit aufgrund von AIDS bei Frauen und Mädchen um 56 % gesenkt worden, während sie bei Männern und Jungen um 47 % zurückgegangen ist.

Weltweit entfielen 2023 44 % aller neuen HIV-Infektionen auf Frauen und Mädchen (aller Altersgruppen). In Subsahara-Afrika machten Frauen und Mädchen (aller Altersgruppen) 62 % aller neuen HIV-Infektionen aus. In allen anderen geografischen Regionen traten über 73 % der neuen HIV-Infektionen im Jahr 2023 bei Männern und Jungen auf.

Die Rolle der Politik im Kampf gegen HIV

Die Konferenz wird sich nicht nur mit medizinischen Fortschritten beschäftigen, sondern auch mit den politischen Rahmenbedingungen, die den Zugang zur Gesundheitsversorgung beeinflussen. Themen wie die Stigmatisierung von Betroffenen, der Schutz von Frauen und Kindern sowie der Zugang zu Präventionsmaßnahmen stehen im Mittelpunkt der Diskussionen.

Eine der vielversprechendsten medizinischen Innovationen ist das Medikament Lenacapavir, das möglicherweise mit nur zwei Spritzen pro Jahr eine HIV-Infektion verhindern könnte. Diese neue Prophylaxe könnte besonders für Menschen im Globalen Süden lebensrettend sein. Doch die hohen Kosten werfen ethische und politische Fragen auf.

Bundeskanzler Scholz eröffnet die 25. Internationale Aids-Konferenz. Dazu erklärte Sylvia Urban vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe (DAH): „Wir freuen uns sehr, dass die Welt-Aids-Konferenz in Deutschland stattfindet. Von München aus muss ein klares Signal in die Welt gehen: Alle Menschen haben ein Recht auf Prävention, medizinische Behandlung und ein Leben ohne Ausgrenzung und Diskriminierung. Eine gute Versorgung für alle ist längst möglich – aber noch lange nicht erreicht. Maßnahmen gegen HIV und Aids sind global noch immer unterfinanziert und es fehlt in vielen Ländern der politische Wille.“

Forderung an die Bundesregierung

Laut Urban haben insbesondere Menschen ohne Aufenthaltspapiere oder Krankenversicherung ein großes Problem bei der medizinischen Versorgung von HIV. Es gebe für diesen Personenkreis keinen regulären Zugang zur HIV-Therapie. Sie verweist auf den Koalitionsvertrag der Bundesregierung, darin war eine Lösung für das Problem versprochen, allerdings wurde dies bis jetzt nicht umgesetzt. „Wir erwarten vom Bundeskanzler bei der Eröffnung von AIDS 2024 eine klare Aussage, dass alle Menschen mit HIV in Deutschland Versorgung erhalten – unabhängig von Herkunft, Aufenthalts- und Versicherungsstatus.“

Insbesondere die Angst vor einer möglichen Abschiebung stellt ein großes Problem dar, so Urban. Diese Personen haben in Deutschland zwar ein Recht auf Behandlung bei akuten Erkrankungen und Schmerzzuständen, doch laut Gesetz muss eine Meldung bei der Ausländerbehörde erfolgen. Daher vermeiden es Menschen mit schweren Erkrankungen oft, sich in Behandlung zu begeben, erklärt Urban.

„Lokale Angebote mit Clearingstellen und Behandlungsprogrammen sind viel zu begrenzt und reichen nicht. Wir brauchen endlich eine reguläre bundesweite Lösung!“

Fortschritte und Herausforderungen

In den vergangenen 30 Jahren hat die Welt erhebliche Fortschritte im Kampf gegen HIV und Aids erzielt. Durch umfangreiche Präventions- und Behandlungsprogramme sind die Neuinfektionen mit HIV, die Aids-Erkrankungen und die damit verbundenen Todesfälle deutlich zurückgegangen. UNAIDS (Joint United Nations Programme on HIV/AIDS) hat sich das ambitionierte Ziel gesetzt, die Aids-Pandemie bis 2030 zu beenden.

Trotz dieser Erfolge bleibt viel zu tun: Rund ein Viertel der Menschen mit HIV hat weltweit keinen Zugang zu lebensrettenden Medikamenten. Einige afrikanische Länder wie Uganda und Ghana erschweren durch verschärfte Strafverfolgung und eine pogromartige Stimmung gegen schwule Männer die Prävention in dieser Gruppe erheblich. Diese Maßnahmen gefährden die bisherigen Erfolge im Kampf gegen HIV und Aids.

UNAIDS weist seit Jahren auf den gravierenden Mangel an finanziellen Mitteln für die Prävention in besonders stark betroffenen Gruppen, den sogenannten „key populations“, hin. Von den bis 2025 benötigten Mitteln fehlen demnach 90 %. Dies stellt eine dramatische Vernachlässigung jener Menschen dar, die ohnehin gesellschaftlich benachteiligt und daher besonders gefährdet sind.

Zusätzlich zu den finanziellen und rechtlichen Herausforderungen gibt es auch erhebliche soziale und kulturelle Barrieren, die den Zugang zu Präventions- und Behandlungsdiensten für HIV erschweren. Stigmatisierung und Diskriminierung von Menschen mit HIV sowie von Angehörigen marginalisierter Gruppen verhindern oft, dass diese Menschen die benötigte Unterstützung und Behandlung suchen. Dies führt nicht nur zu einer höheren Rate von Neuinfektionen, sondern auch zu einer Verschlechterung der Lebensqualität der Betroffenen.

Die Weltgemeinschaft darf nicht nachlassen, die wirksamen Maßnahmen gegen HIV und Aids zu finanzieren. Wir brauchen einen neuen, starken Impuls, um das globale Ende von Aids bis 2030 noch erreichen zu können“, so DAH-Vorständin Sylvia Urban.

Globale Zusammenarbeit und Community-Beteiligung

Ein Höhepunkt der Konferenz ist das Global Village, eine Messehalle, die einen lebendigen Austausch zwischen verschiedenen Communitys und Nichtregierungsorganisationen aus der ganzen Welt ermöglichen soll. Hier werden Best Practice Projekte vorgestellt, und die Teilnehmenden können sich an Diskussionen und Aktionen beteiligen. Die Deutsche Aidshilfe wird mit einem eigenen Stand und zahlreichen Angeboten vertreten sein, um ihre Arbeit und Präventionsmaterialien vorzustellen.

Das Programm des Global Village ist vielfältig und dynamisch. Täglich wechselnde Schwerpunkte wie „Celebrate Diversity“, „Fight Against Discrimination“ und „Strengthen Prevention“ bieten Raum für Austausch und Vernetzung. Kunstaktionen und Mit-Mach-Aktionen sollen zum Nachdenken anregen und die Partizipation fördern.

Herausforderungen bei der Teilnahme

Bei der Einreise von einzelnen Akteuren gab es Schwierigkeiten. Bereits bei der letzten Konferenz in Toronto 2022 gab es Kritik an den Behörden, die nicht kooperativ bei der Visavergabe waren. Auch dieses Jahr haben viele Teilnehmerinnen Probleme mit der Visa-Bürokratie. Besonders Menschen aus Afrika, Asien und Osteuropa, die oft von HIV und Aids betroffen sind, stoßen auf bürokratische Hürden.

Fazit

Die Welt-Aids-Konferenz 2024 in München ist mehr als eine medizinische Tagung. Sie ist eine Plattform für globale Zusammenarbeit, politische Diskussionen und gemeinsames Engagement im Kampf gegen HIV und Aids. Die Konferenz zeigt, dass der Erfolg im Kampf gegen die Krankheit nicht nur von medizinischen Innovationen abhängt, sondern auch von der Beseitigung gesellschaftlicher Barrieren und der Förderung eines globalen Zugangs zu Gesundheitsdiensten.

Quellen:
Eigene Recherchen
ONS – Online News Service
UNAIDS – Global HIV & AIDS statistics — Fact sheet | UNAIDS
HIV-Zahlen und AIDS-Statistik in Deutschland und weltweit (aidshilfe.de)
IAS
Deutsche Aidshilfe zur Welt-Aids-Konferenz: Medizinische Versorgung für alle – auch in Deutschland! | Deutsche Aidshilfe

Von Oberstein News Service

Die Oberstein News Service (ONS) ist eine unabhängige Nachrichtenagentur, die sich auf aktuelle Berichterstattung, Hintergrundanalysen und investigative Recherchen spezialisiert hat. Seit ihrer Gründung bietet ONS eine breite Palette an Nachrichten aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Kultur.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Skip to content