Protestierende errichten Barrikaden und fordern Universität zur Distanzierung von Israel auf, Spannungen in New York nehmen zu.

Columbia-Studierende besetzen Universitätsgebäude

Columbia University Symbolbild

Am frühen Dienstagmorgen drangen Dutzende Demonstranten in ein Gebäude der Columbia University ein und besetzten es. Kurz vorher begann die Universität mit der Suspendierung von Studierenden, welche das Protestcamp nicht verließen.

In den sozialen Medien kursieren mehrere Aufnahmen von der Besetzung des Gebäudes. Sie zeigen, wie sich zahlreiche Demonstrierende Zugang zum Gebäude verschaffen und mit dem Bau von Barrikaden begannen. Stühle, Tische und andere schwere Objekte wurden in die Eingangsbereiche verfrachtet. Teilweise wurde Scheiben der Türen zerschlagen und mit Bügelschlössern versehen. Kurz nach 1 Uhr Ortszeit startete das Ereignis.

In einer auf Instagram von der Studierendengruppe Columbia University Apartheid Divest – eine Koalition propalästinensischer Studierendengruppen –  veröffentlichten Erklärung hieß es, die Demonstranten hätten „die Sache selbst in die Hand genommen“ und fügten hinzu, dass die Studierenden beabsichtigen, in der Hamilton Hall zu bleiben, bis sich die Columbia finanziell von Israel distanziert. Ein Video, das von der Gruppe geteilt wurde, zeigte, wie Reihen von Studierende das Gebäude betraten und Barrikaden trugen.

Hinweis an die Leserschaft auf dem Smartphone: Wer alle Inhalte sehen möchte, sollte hier klicken: https://obiaushv.de/columbia-studierende-besetzen-universitaetsgebaeude/?namp=1

Barrikadenbau in der Hamilton Hall

Die Studierendenzeitung Columbia Daily Spectator berichtete davon, wie die Gruppe sofort mit dem Aufbau der Barrikaden begann. Unter anderem wurde auch Überwachungskameras mit Klebeband und Müllsäcken abgeklebt, so die Zeitung.

Als man in das Gebäude eindrangen, befanden sich noch mehrere Mitarbeitende der Universität im Gebäude. Um sie herauszulassen, wurden einige Barrikaden entfernt.

Vor dem Gebäude sammelten sich einige Demonstrierende und bildeten eine Menschenkette. Die Sprechchöre sagten unter anderem: „Wir werden nicht gehen, bis Columbia alle unsere Forderungen erfüllt hat“ oder „Wir werden gewinnen“.

Ein Großteil der Demonstrierenden hatte sich vermummt, was bereits seit Anbeginn der Demo auf dem Campus üblich war. Die Studierenden möchten mit der Vermummung verhindern, dass sie durch die Universität erkannt werden. Am Gebäude wurden schnell Transparente angebracht. Eines zeigt den Schriftzug Intifada, ein Wort aus dem Arabischen, was so viel wie sich erheben, loswerden oder abschütteln bedeutet.
Palästinenser bezeichnen so zwei Aufstände gegen Israel. Der zivile Ungehorsam der ersten Intifada endete jedoch in Terror und Gewalt.

Zuhören ist in weiteren Videos: „Befreit Palästina“, „Vom Fluss bis zum Meer wird Palästina frei sein“ und „Columbia, ihr werdet sehen – Palästina ist fast frei“.

Die Columbia gab bekannt, dass der Zugang zum Campus in Morningside Heights vorübergehend eingeschränkt wird. Lediglich Bewohner der sieben Campuswohnheime und Mitarbeiter, die wichtige Dienste leisten, dürfen passieren. Alle anderen Eingänge bleiben vorerst geschlossen, mit Ausnahme des Tors an der Kreuzung 116th Street und Amsterdam Avenue.* Die Sicherheit jedes einzelnen Mitglieds dieser Gemeinschaft habe oberste Priorität.

Die Besetzung des Gebäudes stell einen Höhepunkt in den besonders angespannten vergangenen 24 Stunden propalästinensischer Proteste im ganzen Land dar. In Kalifornien begann die Polizei mit der Verhaftung von Demonstrierenden, die dort mindestens ein Gebäude besetzt hatten und damit drohten, dasselbe mit anderen Gebäuden zu tun.

Columbia dürfte einen angespannten Tag erwarten

Der heutige Dienstag dürfte ein angespannter Tag in New York werden. Die Studierenden rüsten sich für Maßnahmen gegen die Besetzung des Gebäudes. Einige nutzen offensichtlich die Zeit, um erst einmal etwas Schlaf zu bekommen, da die Besetzung schließlich mitten in der Nacht stattfand. Die Verwaltung scheint aktuell noch abzuwarten. Man erhoffte sich durch den Beginn der Suspension den Protest abschwächen zu können. Man fürchtet eine Eskalation, sollte die Polizei eingesetzt werden.

Offensichtlich hatte der Plan der Universitätsleitung keinen Erfolg. Bereits zum 25. April galt eigentlich längst eine Frist, welche von den Demonstrierenden verstrichen lassen wurde. Die Universitätspräsidentin, Minouche Shafik, sagte damals: Falls es zu keiner Verhandlung kommen sollte, müsse die Universität „Optionen für die Räumung des Westrasens und die Wiederherstellung der Ruhe auf dem Campus in Betracht ziehen“ auch damit die Studierenden „das Semester beenden und ihren Abschluss machen können“.

Diese Drohung war am Ende jedoch offensichtlich nur heiße Luft. Der Studienbetrieb kann nur online aufrechterhalten werden. Wer mehr über die Forderungen der Demonstrierenden erfahren möchte und warum ein jüdischer Professor nicht mehr auf das Gelände der Universität kommt, sollte den Text vom 25. April lesen: Columbia University: Proteste, Sicherheitsbedenken und antisemitischer Hass | obiaushv.de

Universität zieht sich nicht aus Israel zurück

In einer Erklärung am Montag betonte Minouche Shafik, die Präsidentin der Columbia University, dass die Universität nicht beabsichtigt, sich aus Israel zurückzuziehen, was eine Kernforderung der Demonstrierenden ist. Außerdem betonte sie in der Stellungnahme, dass die Universität im Austausch mit den Demonstrierenden sein und sich in einem „konstruktiven Dialog mit den studentischen Organisatoren“ befinden würden.

Sowohl die Columbia, als auch die Studierenden hätten dabei „solide und durchdachte Angebote“ unterbreitet. Man hatte zu dem Zeitpunkt „guten Glauben daran, eine gemeinsame Basis zu finden“. Diese Hoffnung der Präsidentin scheint nun, wie eine Seifenblase zerplatzt zu sein. Es ist ohnehin fraglich, warum man sich mehrfach auf die Demonstrierenden zubewegte, nach dem diese Fristen ignorierte. Konsequenzen, zumindest dauerhafte, scheint so keiner fürchten zu müssen. Was soll also die Lehre daraus sein? Wie will man auf Augenhöhe diskutieren und entscheiden, wenn die eine Seite nicht gewillt ist sich an Fristen zuhalten und die eignen Forderungen mit dem Hammer vertritt?

*Hinweis: Vorab hieß es “Die Columbia University hat soeben bekannt gegeben, dass Demonstranten die Hamilton Hall besetzt haben und empfiehlt Mitgliedern der Gemeinschaft sowie nicht dringend benötigten Mitarbeitern, heute nicht zum Morningside-Campus zu kommen. Es wird darauf hingewiesen, dass der Zugang zum Campus möglicherweise eingeschränkt ist. ” Die Universität veröffentlichte jedoch eine Änderung.

Anpassung um 12:30 Uhr.

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Von Steven Oberstein

Steven Oberstein oder auch besser bekannt unter dem Pseudonym OBIausHV ist freier Journalist und beschäftigt sich in letzter Zeit vor allem mit der Corona-Pandemie, ansonsten schreibt er über folgende Themen: Medienkritik, Gesundheit/Medizin (Coronavirus, Anthroposophie, Homöopathie), Politik und Technik.

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